Mo 01.10.2012
Wir leben in einer repräsentativen Demokratie. Zumindest den Buchstaben der Verfassung nach. Ein nüchterner Befund zeigt jedoch, dass in den letzten Jahren immer breitere Interessen und Haltungen der Menschen in den Parlamenten gar nicht mehr vertreten sind. Neutralität, Sozialstaat, öffentliches Eigentum, EU-Austritt: teilweise wird nicht einmal die Mehrheitsmeinung der Menschen von auch nur einem Abgeordneten in Parlament oder Landtagen vertreten. Die politische Organisation der Menschen über Parteien und Interessensorganisationen ist einerseits entlang von Interessenslagen und Überzeugungen organisiert, andererseits aber vertikal so strukturiert, dass diese dem Herrschaftswillen der Eliten untergeordnet bleiben. Die Konkurrenzdemokratie mit ihren medialen Materialschlachten führt dazu, dass Menschen sich mit der Entscheidung über falsche und nebensächliche Alternativen herumquälen. Über Parteienfinanzierung und Zugang zu öffentlichen Kassen wird die Durchsetzung des Elitewillens gehebelt. Willfähriges Personal wird laufend aufs Neue rekrutiert. Vor dem Hintergrund der enorm gewachsenen Bedeutung des öffentlichen Sektors im aktuellen Kapitalismus entblößt dies die Krisenanfälligkeit dieses Herrschaftssystems.
Die Durchsetzung direktdemokratischer Instrumente könnte hier einige Störungen in die gewohnten Abläufe bringen. So fordert die Solidarwerkstatt in ihrem Programm den Ausbau der direkten Demokratie, insbesondere in Bezug auf Verfassungsänderungen und die Organisation der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur. Volksbegehren, die mehr als 100.000 UnterstützerInnen gewinnen, sollen zwingend einer Volksabstimmung zugeführt werden.
Freilich dürfen wir uns von verfassungsrechtlichen Änderungen zur Stärkung direkter Demokratie allein auch keine Wunder erwarten. Die Solidarwerkstatt geht in ihrem Programm auch weit darüber hinaus und fordert insgesamt die Neuorganisation der demokratischen Willensbildung durch Stärkung der Gemeinden. Ausgehend von den Gemeinden soll ein Bundesgemeinderat den derzeitigen machtlosen Bundesrat ersetzen. Auch geht es uns um eine Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung und der Erweiterung der Teilhabemöglichkeiten der Menschen insgesamt.
Der Schlüssel zu mehr Demokratie ist letztlich die Selbstorganisation der Menschen.