Do 11.10.2007
Jugendliche sind – im Gegensatz zum oft behaupteten – politisch interessiert. Wir halten nur nicht viel von der Politik der etablierten Parteien. Und für uns bedeutet Demokratie nicht, dass wir bis 18 warten müssen und dann nur alle paar Jahre ein Kreuz machen dürfen.
Eine politische Ausdrucksform von Jugendlichen sind Schulstreiks.
Wenn wir solche organisieren, sind wir immer wieder mit einer Reihe von Fragen konfrontiert. Denn Direktionen, LehrerInnen und auch Eltern versuchen immer wieder, Jugendliche davon abzuhalten, mitzumischen und aktiv zu werden. Folgend der Versuch, einige der häufigsten Fragen zu beantworten.
“Dürfen SchülerInnen überhaupt streiken? Kann die Direktion das verbieten? Welche Konsequenzen hat das für mich? Kann man von der Schule fliegen?”
LehrerInnen und Direktion nehmen SchükerInnen oft nicht ernst. Da wird dann oft argumentiert, man würde sich nicht auskennen, streiken wäre verboten bzw. man könne ja auch in der Freizeit protestieren. LehrerInnen und Direktion argumentieren aus zwei Gründen so: 1) haben sie auch eine politische Meinung und die ist oft anders als jene der SchülerInnen (es gibt aber auch solche, die die Streiks unterstützen) und 2) haben sie die „Verantwortung“ für die SchülerInnen und haben Angst, dass etwas passiert. Das verstehen wir zwar, dass kann uns aber nicht vom Streiken abhalten.
Ein explizites Streikrecht gibt es in Österreich nicht – weder für Beschäftigte noch für SchülerInnen. Es ist also eine politische Frage. Die Frage ist nicht, ob wir streiken dürfen, sondern das wir streiken müssen, um unsere Rechte oder Dinge die uns wichtig sind zu verteidigen. Wenn versucht wird, uns das zu verbieten, müssen wir uns gemeinsam dagegen wehren. Einzelne lassen sich leichter einschüchtern, wenn wir gemeinsam etwas tun, ist die Direktion in der Praxis machtlos. Bei früheren Schulstreiks wurde zwar immer viel gedroht, aber passiert ist dann nichts (schlimmstenfalls unentschuldigte Fehlstunden). Bei manchen Streiks gibt die LandesschülerInnenvertretung Entschuldigungen aus, manche Eltern schreiben auch welche, wenn sie es gut finden, dass Du Dich für Deine Ideen einsetzt. Aber selbst wenn nicht – ein paar unentschuldigte Fehlstunden sind zu verkraften. Sollte es aber tatsächlich Folgen haben, dann müssen wir gemeinsam die Betroffenen verteidigen!
Bringt ein Schulstreik überhaupt was? Wen interessiert das schon.
Politik wird ja nicht nur im Parlament gemacht – im Gegenteil. Die meisten Verbesserungen wurden durchgesetzt, weil Menschen dafür gekämpft haben. Durch Demonstrationen, Streiks etc. Und Jugendliche haben auch eine Meinung. Es geht oft ganz konkret um unsere Zukunft. Ob bei der Bildung gespart wird oder das Geld für Abfangjäger ausgegeben wird. Ob es eine Pensionsreform gibt die bedeutet, dass wir keine Pension mehr gibt. Ob eine Regierung gebildet wird, in der sich rassistische Parteien befinden. Ob unsere FreundInnen und KlassenkollegInnen abgeschoben werden oder hier bleiben können. Und vieles mehr… Zu diesen und anderen Fragen haben wir eine Meinung. Und wir können nicht darauf warten, bis wir alt genug sind und wählen können – auch deshalb weil Regierungen meist ohnehin nicht in unserem Interesse agieren. Darum müssen wir jetzt laut und deutlich unsere Meinung sagen.
Unser Arbeitsplatz ist die Schule – wir sind bereit einen Tag (oder länger wenn nötig) auf Bildung zu verzichten, um uns für etwas einzusetzen. So ein Streik ist auch die einzige Möglichkeit, damit wir überhaupt gehört werden - das erregt Aufmerksamkeit. Und außerdem - wir hören immer das wir für das Leben und nicht für die Schule lernen. Bei so einem Streik müssen wir uns mit dem Thema sehr genau beschäftigen, uns einlesen, Argumente vorbereiten, den Streik organisieren. Da lernen wir viel mehr fürs Leben, als in ein paar Stunden normaler Schulunterricht.
“Wenn Ihr streikt das ist so radikal - das provoziert die Regierung und dann führt sie ihre Pläne erst recht durch. Wäre es nicht besser, einen Appell an sie zu richten.”
Es gab schon viele Appelle - nur hat das die Regierung immer ignoriert. Mit guten Argumenten können wir sie nicht überzeugen, weil sie andere Interessen haben als wir. Demonstrationen und Streiks sind oft unsere einzige Möglichkeit, dass wir gehört werden.
“Bringt das was, wenn ein paar SchülerInnen streiken? Können die denn überhaupt was ausrichten?”
Je mehr um so besser, wenn wir wirklich viele sind, kann die Regierung das nicht einfach ignorieren. Aber wenn ein Streik nicht reicht, müssen wir uns auch darauf vorbereiten, öfter und länger zu streiken. Aber natürlich können wir mehr erreichen, wenn sich andere Betroffene anschließen - Studierende, aber auch ArbeitnehmerInnen, die ja auch von Sozialabbau betroffen sind. Die meisten unserer Eltern sind Berufstätig. Die kriegen den Sozial- und Bildungsabbau doppelt und dreifach zu spüren. Die haben auch KollegInnen, die von Abschiebungen bedroht sind. Da wäre es dann eigentlich nötig, dass die Gewerkschaft unseren Kampf unterstützt.
“Was passiert eigentlich bei so einem Streik? Bleiben dann alle zuhause?”
Nein! Wir treffen uns vor der Schule und fahren dann gemeinsam zum Demotreffpunkt und demonstrieren. Wir malen vorher Transparente, diskutieren über den Grund und die Forderungen des Streiks. Im Vorfeld organisieren wir uns in Schulkomitees, treffen uns mit SchülerInnen aus anderen Schulen um zu diskutieren und den Streik zu planen. Wenn eine Schule z.B. die andere „abholt“ ist es auch leichter, mit den Drohungen von Direktion und LehrerInnen umzugehen. Wir wollen uns gut informieren, unsere Meinung vertreten können und wir wollen einen aktiven Streik - da bleibt niemand zuhause!