Fr 01.12.2017
Wieder droht eine schwarz-blaue Regierung. Viele haben zurecht Angst und es wird Proteste geben - auch wenn wir Themen und Umfang noch nicht wissen. Es wird keine Wiederholung der Widerstandsbewegung von 2000. Aber wir müssen aus 2000 lernen, um künftige Proteste effektiver zu machen.
Die Widerstandsbewegung begann am 1. Februar 2000 mit der Besetzung der ÖVP-Zentrale. Am 4. Februar war der Ballhausplatz voll und die neue Regierung musste unterirdisch zur Angelobung gehen. Es folgten wochenlange Demonstrationen mit jeweils Zehntausenden. Die SLP spielte eine zentrale Rolle in der Widerstandsbewegung. Wir setzten die Initiative für den größten politischen Schulstreik bisher: am 18.2. streikten 15.000 SchülerInnen gegen die FPÖ-ÖVP Regierung. Am 19.2. waren 300.000 Menschen in Sternmärschen auf der Straße. Ab dann gab es wöchentlich über ein Jahr lang die „Donnerstagsdemos“. „Wir gehen, bis ihr geht“ war das Motto. Eine ganze Generation wurde politisiert, 20% aller WienerInnen unter 30 hatten an der „Widerstandsbewegung“ teilgenommen. Die Bewegung war großartig und einzigartig und für alle, die dabei waren ein wichtiger Teil ihres (politischen) Lebens.
Die EU setzte damals auf Sanktionen. Staaten, die selbst rassistische und neoliberale Politik machten, ermöglichten der blau-schwarzen Regierung, sich als „Opfer“ darzustellen. Die (parlamentarische) Opposition sowie ihr nahestehende Organisationen forderten „Neuwahlen“. Doch bei den Nationalratswahlen 2002 verlor zwar die FPÖ, dafür gewann die ÖVP stark und die Regierung wurde fortgesetzt. Warum sollte man auch für die SPÖ stimmen? Das schwarz-blaue Regierungsprogramm trug in weiten Teilen die Handschrift der SPÖ. Diese stimmte auch in der Opposition zahlreichen Verschärfungen im Fremdenrecht zu.
Der für die Regierung gefährlichste Widerstand kam aus den Gewerkschaften. Die Wiener AK organisierte eine Demonstration und es gab einen Warnstreik der LehrerInnen. Der ÖGB mobilisierte 2003 zu zwei Aktionstagen bzw. einem de facto Generalstreik gegen die Pensionsreform. Die EisenbahnerInnen legten ebenfalls 2003 das Land für mehrere Tage gegen die geplante Zerschlagung der ÖBB und Verschlechterungen im Dienstrecht lahm. All das spiegelte den Druck aus der Basis wider. Doch die Gewerkschaftsführung hatte Angst vor einer Dynamik, die sie nicht mehr kontrollieren könnte. Hand in Hand mit der SPÖ-Führung würgte sie die Streikbewegung ab.
Um die Bewegung zum Erfolg zu bringen, hätte es eine politische Alternative gebraucht. Dass es eine solche ArbeiterInnenpartei, mit Verankerung in Straßen und Betrieben, nicht gab, rächte sich bitter. Die SLP war seit längerem für den Aufbau einer solchen neuen linken Kraft eingetreten. Doch viele Linke argumentierten, man müsse nun SPÖ bzw. Grün unterstützen. Und v.a. fehlte großen Teilen der Linken eine Strategie, um zu gewinnen. Die SLP war Teil des „Aktionskomitees gegen Blau-Schwarz“, das in den Donnerstagsdemos eine wichtige Rolle spielte. Wir setzten uns für eine stärkere Organisierung und Planung der Proteste und Aktionen und v.a. für eine Orientierung auf die Organisationen und Methoden der ArbeiterInnenklasse ein. Wir waren in der Minderheit. Die Mehrheit sah in der Unorganisiertheit der Bewegung einen Vorteil und wollte keine konkreten nächsten Schritte vorschlagen. Insgesamt fehlte jenen, die real die Führung der Bewegung darstellten, die Vorstellung und das Vertrauen, dass „normale Menschen“, also die ArbeiterInnenklasse, die Kraft sind, um eine solche Regierung zu Fall zu bringen.
2017 müssen wir aus 2000 lernen: Die Angriffe durch die kommende Regierung werden kommen – und zwar egal, wie diese sich zusammensetzt. Und es wird Proteste auf unterschiedlichen Ebenen geben. Diese Proteste müssen zusammengeführt werden. Organisieren wir demokratische Komitees und Aktionsgruppen in allen Bereichen. Sie brauchen offensive Forderungen, die sich letztlich darum drehen, wie das Geld der Reichen erkämpft werden kann, damit alle Menschen in Würde leben können. Und sie müssen organisiert werden. Vernetzung ist gut, aber ein Schritt zu wenig. Dass es bei Wahlen keine starke linke Kraft gibt, ermöglicht es der extremen Rechten und Listen, die bestenfalls skurril, eher gefährlich, sind, sich als „Alternative“ aufzuspielen. Wir brauchen endlich eine linke Organisation, eine Partei, die den Unmut auf der Wahlebene ausdrücken kann und die v.a. Menschen, die sich wehren wollen, eine echte Alternative bietet. Die SLP wird wieder Teil des Widerstands sein und sich für den Aufbau einer solchen Kraft einsetzen. Kämpferische Gewerkschaften und eine neue ArbeiterInnenpartei mit sozialistischem Programm sind die besten Waffen im Kampf gegen eine schwarz-blaue Regierung und ihr Programm.