Mi 31.05.2006
Die Mobilisierungen der StudentInnen haben die Regierung und die Präsidentin Bachelet bloßgestellt. Alle haben die gewaltige Repression gegen die Jugendlichen sehen können. Die Brutalität kennt auf Seiten der Polizei keine Grenzen.
Es ist deutlich erkennbar, dass sie den Auftrag von der Regierung haben, auf diese Weise vorzugehen, dass sie ihnen völlige Straffreiheit zugesichert haben, damit sie vollkommen schrankenlos auf die OberschülerInnen einschlagen, die sich mobilisieren. Man kann die Brutalität nicht verstehen, da klar ist, dass die Mehrheit der OberschülerInnen überhaupt keine Möglichkeit hat, sich gegen Männer zu verteidigen, die darin ausgebildet sind, ihre Gewalt einzusetzen. Dieses Repressionsniveau ist ganz klar eine Art von Folter. Auf den Straßen unseres Landes kommt es zu Übergriffen auf die Menschenrechte - das sieht man in den Medien und das stellt die Geduld von allen auf die Probe.
Es wird deutlich, dass diejenigen die einzigen Gewalttäter sind, die heute die Uniformen der Polizei anhaben. Es handelt sich eigentlich um Kriminelle, die die Erlaubnis dazu haben, und sie können mit der Garantie durch die Regierungsmacht rechnen. Die Polizisten haben noch immer die gleiche Mentalität, die sie unter der Diktatur gehabt haben. Sie sind eigentlich noch immer die gleichen Mörder, die Professoren niedergemetzelt haben und die schlimmsten Scheußlichkeiten begangen haben, an die sich unser Land erinnert.
Der Zynismus der Machthaber ist beeindruckend - allen voran der Bürgermeister der Hauptstadt, Víctor Barrueto, der unverschämt lügt, um die völlig ungerechtfertigte Gewalt zu rechtfertigen, die von der Polizei immer dann ausgeübt wird, wenn es eine soziale Mobilisierung gibt. Aber dieses Mal werden ihre Aussagen durch die Tatsachen widerlegt. Außerdem wird durch das eigene Fernsehen bewiesen, dass sie den größten Teil ihrer Zeit dazu verwenden, den Sachverhalt zu verschleiern oder zumindest zu entstellen. Zu ihrem Pech sind die Fakten dieses Mal stärker gewesen.
Die Regierung hat den StudentInnen überhaupt keine Antwort gegeben und hat anscheinend auch nicht die geringste Absicht, es noch zu tun. Sie hat nur ihre ParlamentarierInnen und AktivistInnen ihrer Parteien mobilisiert, um die Bewegung zu spalten, zu bremsen und zu zermürben.
Leider stellt sich auch der Rest der Volksbewegung nicht die Frage, auf welche Art und Weise dieser Bewegung Kontinuität verliehen werden kann, damit der Kampf siegreich ausgeht. Es genügt nicht zu sagen, unterstützen wir den Kampf der OberschülerInnen, wenn wir keine konkreten Aktionen setzen, um sie in ihren Forderungen zu unterstützen, und im Übrigen sollten sie mit der ArbeiterInnenklasse verbunden sein.
Die Gewerkschaften sollen in diesem Kampf eine aktive Rolle einnehmen und zumindest einen 24-stündigen Generalstreik ausrufen, wobei sie echte Lösungen im Bildungswesen und auch den Schutz unserer Kinder vor der Brutalität der Polizei verlangen sollen.
Der Kampf der französischen StudentInnen vor weniger als einem Monat zeigte den Weg, den man gehen soll, um Antworten auf die Forderungen zu bekommen, und das geht nur im Einklang mit der ArbeiterInnenklasse. In Frankreich war für den Sieg der StudentInnen der Einstieg der Gewerkschaften, die sich dem studentischen Kampf anschlossen, entscheidend. Auf diese Weise konnten sie die Offensive der französischen Regierung stoppen, die sich anmaßte, die Jugendlichen, die neu in die Arbeitswelt eingestiegen sind, in Bürger zweiter Klasse mit weniger Rechte als die ArbeiterInnen mit mehreren Jahren in der Arbeitswelt zu verwandeln.
Was dabei deutlich wird ist, dass wir die Kämpfe gegen das in unserem Land bestehende kapitalistische System verallgemeinern müssen. Chile hat nicht nur Probleme im Bildungswesen, Gleiches wenn nicht Schlimmeres passiert im kommunalen Gesundheitswesen, die Pensionsfonds (AFP) befinden sich in der Krise und verdammen Tausende von ArbeiterInnen zu unwürdig niedrigen Pensionen etc.
Alle, die Bachelet im zweiten Präsidentschaftswahlgang unterstützt haben, indem sie sagten, dass sie eine Frau der linken „Progressiven“ wäre, haben sich geirrt und leider genügten nur etwas mehr als zwei Monate, um dies auf allen Linien beweisen zu können. Das zentrale Problem der chilenischen ArbeiterInnenklasse ist heute, dass sie mit keiner Partei rechnen kann, die ihre Klasseninteressen vertritt. Das Fehlen einer ArbeiterInnenpartei zur Führung der Kämpfe, wenn soziale Bewegungen wie die der OberschülerInnen entstehen, ist offensichtlich.
Die zentrale Aufgabe der linken Organisationen ist es, ohne Wenn und Aber eine Neue ArbeiterInnenpartei zu bilden, die sich mit aller Deutlichkeit der Frage widmet, mit allen diesen Übeln, die der Kapitalismus in seiner neoliberalen Variante hervorbringt, Schluss zu machen.
Eine ArbeiterInnenpartei, die sich auch dem Kampf um eine demokratische, sozialistische Gesellschaft widmen soll.