Protestsongcontest 2014: Diskussionen über Revolutionen und Polizeigewalt

Laura Rafetseder

Der Protestsongcontest – diesmal am 80. Jahrestag des 12. Februar 34 brachte wesentlich politischere Lieder & und politischere Debatten als in den letzten Jahren. Meine Wenigkeit hatte die Ehre als Jurorin zu fungieren. Der Arbeitersängerchor stimmte das Publikum mit zwei Liedern, darunter "Die Arbeiter von Wien" ein – heuer natürlich besonders emotional.  Der erste Act bereits hatte es in sich – die späteren Sieger Fight Rap Camp durften das Feld der FinalistInnen eröffnen. Unter ihnen Flüchtlinge des Refugee Camps Vienna und das türkische Geschwisterduo Esrap. Überhaupt war das Thema Abschiebung heuer zweimal im Finale vertreten – neben den Refugees gab es einen Männerchor („die Schläfer“), der das Thema satirisch aufarbeitete.Was ich persönlich spannend gefunden habe, ist, dass ein Großteil der Leute ihre Songs aufgrund von Erlebnissen, die sie politisiert haben, geschrieben haben. Dawa, später knappe zweite, konnten mit einem Song über Revolution überzeugen. Auf meine spätere Frage, was ihn zu dem Song inspiriert habe, meinte Sänger und Songschreiber John Dawa, dass er als Pfleger im Krankenhaus arbeitet und über die Arbeitsbedingungen so angefressen war, dass er diesen Song geschrieben hat. Spannenderweise haben sich gerade um diesen Song dann heftige Debatten entsponnen – Juror Skrepek warnte vor Revolutionen, Jurorin Yasmo, die aus Tunesien kommt, verteidigte sie dagegen. Ähnliches Bild bei einem Song über Polizeigewalt (All Cops are Bastards von Sol) – Skrepek spricht von der Polizei als Freund und Helfer, der Rest des Feldes spricht davon, dass es andere Erfahrungen mit der Polizei hat. Es war eindeutig, dass der Song aufgrund der Ereignisse um den WKR Ball eine gewisse Stimmung aufgegriffen hat, auch wenn wir die Analyse an sich so nicht teilen würden. Die Plätze drei und vier belegten Anstaltskinda mit dem Song „Wöd ändan“ und Boxer John mit „Turning of the tides“. Erstere gewannen auch das Publikumsvoting – was auch eine gewisse Stimmung ausdrückt, offenbar ist es der Jugend entgegen diverser Behauptungen doch ein Anliegen, die Welt zu verändern. „Turning of the tides“ behandelt dagegen den „unbekannten Feind“ – die herrschende Klasse in all ihren Ausformungen. Sympathiepunkte sammelten "There is something to be known" nicht nur mit ihrem Olympia-kritischen Song „Wild East“, sondern auch damit, dass sie dazu aufgerufen haben, für die Refugees zu stimmen. Auf den Plätzen findet sich noch die „Gschaftlhuber“ mit „Pallawatsch“ die sich über den Müll den die PolitikerInnen im Fernsehen absondern, ärgerten.Die Diskussionen und Themen an diesem Abend spiegelten stärker als in den letzten Jahren die globalen und langsam auch in Österreich ankommenden Bewegungen wieder: Anti-Abschiebung, Anti-WKR, mit etwas Verspätung die arabischen Revolutionen. Sie spiegelten aber auch wieder, dass die Leute beginnen nachzudenken: Dass die Ausbeutung im Gesundheits- und Sozialbereich intensiver wird, dass die Polizeigewalt zunimmt, dass die da oben sowieso tun was sie wollen, dass wir alle gerne eine Welt hätten, die anders aussieht. Letztlich hat das Fight Rap Camp mehr als verdient gewonnen –nicht nur aufgrund der tollen Performance, sondern auch der Message und der Tatsache, dass sie der „echteste“ Protest des Abends waren.http://we-refugees.com/2014/01/26/refugeefightclub/

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