Mi 30.03.2011
In Teilen Japans gibt es täglich mehrere Stunden ein Blackout, der Strom wird abgeschalten. Die Atomlobby versucht, mit den Black-Outs zu sagen: „Seht her, ohne AKWs geht es nicht“.
Schließung aller AKWs weltweit!
PolitikerInnen aller Richtungen – aus v.a. wahltaktischen Überlegungen – gehen auf Distanz zur Atomwirtschaft. Doch von einem echten Ausstieg kann nicht die Rede sein. Bestenfalls wollen sie wie z.B. in Deutschland einige der ältesten Reaktoren vom Netz nehmen. Und dann, nach einiger Zeit, wenn Fukushima aus den Schlagzeilen verschwunden ist, weitermachen wie bisher. Doch wir brauchen einen vollständigen Ausstieg aus der Atomenergie. Nicht „bald“, „in Zukunft“ oder „später“ - sondern jetzt. Wir wissen, dass ein Abschalten nicht einfach wie bei einem Lichtschalter möglich ist. Doch es geht darum JETZT sofort damit zu beginnen, den Energieverbrauch gesamtgesellschaftlich zu reduzieren, alternative Energieformen auszubauen und mit der Abschaltung zu beginnen. Global werden 14-15 % des Strombedarfes bzw. 5-6 % der Primärenergie durch Kernenergie abgedeckt. Kein unüberwindbares Hindernis.
Öffentliches Investitionsprogramm zum Umstieg in Erneuerbare Energie
Der technische Fortschritt und damit einhergehend die Möglichkeiten der Nutzung erneuerbarer Energie spiegeln sich unter kapitalistischem Regime kaum wider. Der Fortbestand der seit den frühen 1970er Jahren störanfälligen und hochgefährlichen Atomkraftwerke ist dafür nur ein Beispiel. Auch andere Energieformen ziehen einen Rattenschwanz an Umweltproblemen mit sich. Klar ist: eine komplett neue Energiepolitik ist notwendig. Wir müssen weg von Atomkraft und fossilen Energieträgern Kohle, Öl & Gas. Fossile Energieträger und AKWs sind übrigens beide CO2-Schleudern. Nicht einmal das Argument der Atomlobby, AKWS würden die CO2-Bilanz verbessern, stimmt also. Laut dem ehemaligen deutschen Umweltminister und jetzigen SPD Vorsitzenden Gabriel (SPD) kann sogar ein "Blockheizkraftwerk auf Erdgas-Basis mit der CO2-Bilanz von Atomstrom locker mithalten".
"Erneuerbare Energie" umfasst mehr als nur Wind- und Wasserkraft. Sowohl Wärme als auch Licht der Sonne kann unmittelbar genutzt werden (thermische Zellen, Photovoltaik), ebenso die Biomasse (v.a. Holz) und in exponierten Gegenden auch Gezeitenkraftwerke. Im Falle Japans könnte eine Regierung, die sich nicht an Profiten orientiert, z.B. die ausgedehnte Nutzung der Erdwärme erwägen (derzeit schändliche 0,3 %).
Aber, so ein Argument der Atom-BefürworterInnen: Unschlagbar sei der Preis für Strom aus AKWs, da Uran als Brennstoff günstig ist. Tatsächlich werden die Strompreise neuer Kernkraftwerke von allen fossilen Energieträgern unterboten. Laut US-Energieministerium sind die Stromerzeugungspreise, bei Betrachtung der Kosten für die gesamte Lebensdauer einer Anlage, sogar für Windenergie niedriger als für Atomstrom. Bereits abgeschriebene (also uralte) AKWs produzieren tatsächlich günstig Strom - isoliert betrachtet. Aber auch dieser Kostenvorteil wird erst durch massive staatliche Subventionen möglich. Jede kWh aus einem deutschen AKW wird mit 4,3 Cent subventioniert, Strom aus erneuerbaren Energiequellen lediglich mit 2 Cent.
Die Atomindustrie erhält Unsummen an staatlichen Geldern: hunderte Milliarden an direkten Subventionen, noch viel höhere "versteckte" Förderungen. Zusätzlich gibt es noch die Subvention an große Unternehmen im Allgemeinen, die für ihren hohen Stromverbrauch pro kWh nur die Hälfte des Preises eines durchschnittlichen Verbrauchers zahlen, womit die Bevölkerung das, was sich die Unternehmen ersparen, direkt über ihre Stromrechnung an die Energiekonzerne und die Wirtschaft zahlt. Die Sorge vor höheren Strompreisen ohne Kernenergie ist also ein Argument zum Schutz der Profite.
Panik verbreitet die Atommafia auch gegen die Schließung von AKWs mit dem Job-Argument. Ein falsches. Laut den zuständigen deutschen Ministerien arbeiten dort derzeit in der Branche Erneuerbare Energie mindestens 280.000 Menschen. In der gesamten Atomindustrie, die in Deutschland sogar einen höheren Anteil am Energiemix hat, sind es lediglich 30.000 Jobs.
Abgesehen davon, wie „sicher“ vom gesundheitlichem Standpunkt aus ein Job in einem AKW ist, werden durch den Umstieg, der durch ein breit angelegtes öffentliches Investitionsprogramm ermöglicht wird, Jobs geschaffen, nicht vernichtet. Erneuerbare Energieformen sind flexibler und können dezentraler produzieren – und damit besser auf existierende Bedürfnisse reagieren. Technisch wäre eine demokratische Planung der Energiewirtschaft längst möglich. Doch in einem politischen System, in dem VertreterInnen der "Elite" auch finanziell eng mit der Atomwirtschaft verbunden und somit potentiell korrupt sind, kann keine seriöse Abwägung von Sinn und Unsinn diverser Energieformen existieren, die den demokratischen Willen widerspiegelt und die Fortschritte in den Wissenschaften zum Nutzen aller Menschen einbezieht.
Alle Stromkonzerne in öffentliches Eigentum. Demokratische Kontrolle und Verwaltung der Energiebetriebe durch Belegschaftskomitees, VertreterInnen der arbeitenden Bevölkerung, Umweltschutz- und Verbraucherverbände.
Die japanische Energiewirtschaft wurde in den 1940ern privatisiert (u.a. um sich kämpferischer Gewerkschaften zu entledigen). Auch in Europa findet seit längerem in diesem Bereich ein Privatisierungsprozess statt. Energiekonzerne haben meist mehrere Standbeine – fossile, atomare und „alternative“ Energieformen finden sich oft innerhalb eines Konzerns. Multis und Riesen wie Siemens haben ihre Finger in den Geldtrögen. Wenn wir eine Energiewirtschaft wollen, die sich am Bedürfnis der Menschen nach Energie UND einer sauberen Umwelt und Zukunft orientiert, dann dürfen wir sie nicht der profitorientierten Privatwirtschaft überlassen. Zu den nötigen rigorosen Umstellungen ist die Vergesellschaftung der betroffenen Konzerne nötig. Doch damit noch nicht genug. Der weltgrößte Erzeuger von Atomstrom, Électricité de France, gehört zu 90% der französischen Republik. Verstaatlichung alleine reicht also noch nicht. Wichtig ist auch die Frage, wer entscheidet. Sind es PolitikerInnen und ManagerInnen, die im Sold der Wirtschaft stehen, wird sich nicht viel ändern. Im Gegenteil, es braucht die volle demokratische Kontrolle und Verwaltung der Betriebe durch Belegschaftskomitees, VertreterInnen der arbeitenden Bevölkerung, Umweltschutz- und Verbraucherverbände. Nur so kann sichergestellt werden, dass wirklich nachhaltig produziert wird und nur so kann auch eine wirklich korrekte Preiskontrolle erfolgen.
Enteignung der Atomlobby und ihrer Profiteure in Wirtschaft und Politik. Dieses Geld muss für die Opfer und den Umstieg in saubere Energieformen verwendet werden.
Die Subventionen für die Atomkonzerne betrugen in Deutschland von 1950 bis 2010 204 Milliarden Euro. Noch größere Summen flossen in nicht direkt ausgezahlte Fördermittel. Oft werden die Konstruktionskosten von den Investoren auf die Gesellschaft verschoben. Auch die Kosten im Falle eines Unglücks oder der Endlagerung werden von uns bezahlt.
Der geplante Ausbau der Kernenergie bis 2050 wird/würde rund 1000 Milliarden Euro kosten. Die deutschen AKWs werfen pro Tag einen Gewinn von ein bis zwei Millionen Euro ab. Lobbyisten wie Schüssel verdienen hunderttausende Euro damit, das Risiko klein zu reden.
Sie alle haben schon viel zu lange an uns verdient. Die Atomlobby und ihre Profiteure gehören enteignet. Es ist nicht „ihr“ Geld, sondern sie haben es aus den Steuertöpfen, durch die Stromrechnung und dadurch, dass sie Kosten für ihre Fehler auf uns abgewälzt haben.
Wenn diese gigantischen Summen für eine umwelt- und gesellschaftsverträgliche Stromerzeugung eingesetzt werden, ist ein Umstieg problemlos finanzierbar und die Strompreise würden nicht steigen, sondern sehr wahrscheinlich sinken.
Ein internationaler sozialistischer Energieplan
Dreh- und Angelpunkt einer sozialistischen Energiepolitik wäre zuerst, alle Einspar-Potenziale auszuloten. Es muss keinen Einbruch im Lebensstandard geben, wenn statt Wegwerfartikeln wirklich langlebige Produkte hergestellt werden und Gebäude z.B. gut gedämmt wären. Das spart riesige Mengen Energie. Auch im Transportsystem stecken gewaltige Möglichkeiten durch den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs, Alternativen zum Verbrennungsmotor und die Modernisierung der Eisenbahn. Güter werden gegenwärtig unnötig durch den ganzen Kontinent gekarrt, um Unterschiede im Lohnniveau verschiedener Standorte auszunutzen. Es gibt Berechnungen, dass alleine durch ein vernünftiges Energiemanagement Einsparungen in einem Ausmaß möglich sind, dass allein dadurch der große Teil der Atomkraftwerke ersatzlos (!) gestrichen werden könnte.
Das Einschwören auf eine abgeschottete nationale Energiepolitik, wie es auch rechtsextreme Kräfte (z.B. auch die FPÖ) machen, ist ähnlich sinnvoll wie das Märchen von der sauberen Kernenergie. Weder das Treibhausgas CO2 noch atomare Strahlung akzeptieren politische Grenzen. Die ökologischen Folgekosten der Atomindustrie und das ungelöste Endlagerproblem kommen hinzu Alle Problemfelder im Bereich Energie können und müssen international gelöst werden. Dies verhindern gegenwärtig Kapital- und nationalstaatliche Interessen. Es braucht daher für eine gänzlich andere Energiewirtschaft als Grundlage eine gänzlich andere Wirtschaft an sich. Nur in einer sozialistischen demokratisch geplanten Wirtschaft ist ein Ausstieg aus gefährlichen Energieformen und eine sichere Zukunft für alle möglich.