Neonazi in der Slowakei zum Gouverneur gewählt

Artikel von der Homepage der „Linkse Socialistische Partij“/„Parti Socialiste de Lutte“ (Schwesterorganisation der SLP und Sektion des CWI in Belgien)

In der zentral-slowakischen Region Banská Bystrica ist ein Neonazi, der für seine gegen Roma gerichteten Reden bekannt ist, zum Gouverneur gewählt worden. Marian Kotleba, so sein Name, gewann überraschend mit 55 Prozent der abgegebenen Stimmen. Bekannt ist er für seine Begeisterung für den Faschismus der Jahre 1930 und 1940 sowie für seine Abneigung gegenüber Roma. Bisher hat seine winzige Partei stets nur sehr bescheidene Wahlerfolge erzielen können.

 

In der Region Banská Bystrica wohnen relativ viele Roma. Während ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur rund 10 Prozent ausmacht, beläuft er sich dort auf knapp ein Viertel. Der ultra-nationalistische Marian Kotleba versucht schon länger, mit den Vorurteilen gegen Roma zu spielen. Kann seine Partei in der Regel kaum Wahlerfolge verzeichnen, so ist es ihm nun gelungen, in der ersten Runde auf 21,3 Prozent und in der zweiten auf 55 Prozent zu kommen. Damit wurde er bei einer äußerst geringen Wahlbeteiligung mit 71.397 Stimmen bei 650.000 EinwohnerInnen ins Amt des Gouverneurs gewählt.

Marian Kotleba und seine Anhänger organisieren sich in paramilitärischen Einheiten und scheuen keine klaren Aussagen. Sie sehnen sich nach dem Faschismus, halten ihre Treffen uniformiert ab und sind regelmäßig an Schlägereien beteiligt. Kotleba bezeichnet die Roma als „Parasiten“ und ist in der Vergangenheit schon mehrfach wegen Gewaltdelikten angeklagt worden. In einer Fernsehdebatte, die während des Wahlkampfes stattfand, machte Kotleba den Vorschlag, Roma von der Arbeitslosenunterstützung auszunehmen und ihnen auch andere Sozialleistungen vorzuenthalten. Während des Wahlkampfs versuchte er sich durchweg ein respektableres Image zuzulegen und stellte vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise soziale Forderungen zu den Themen Arbeit und Arbeitsplätze auf. Damit belegte er ein sehr sensibles Thema für sich.

Die Krise schlägt sich auch in der Slowakei nieder und trägt dazu beim dass ein größer werdender Teil der Bevölkerung hinten über fällt. Die Roma hatten es schon vor Einsetzen der Krise besonders schwer. Bis zu 35 Prozent von ihnen haben die Grundschule nicht zu Ende besucht und lediglich 15 Prozent gehen auf eine weiterführende Schule. Nur 0,2 Prozent der Roma haben einen höheren Schulabschluss. Das geht aus einer UN-Studie aus dem Jahre 2010 hervor. Mit der Wirtschaftskrise nehmen im Allgemeinen auch die gesellschaftlichen Probleme zu. Die allgemeine Arbeitslosigkeit beläuft sich auf 14 Prozent, und unter den Jüngeren ist fast ein Drittel betroffen. Mit Voraussichten, die ebensowenig positiv stimmen (demnach soll es zwar ein sicheres Wachstum geben, dieses bleibt aber unterhalb der Inflationsrate), ist mit keiner Verbesserung zu rechnen.

Profitieren tut davon die extreme Rechte. Die Wahl Kotlebas war eine Überraschung. Das politische Establishment wirft den Konservativen vor, sie hätten bei diesen Gouverneurswahlen selbst einen zu blassen Kandidaten aufgestellt. Die „linke“ Regierung wie auch die konservative Opposition greifen beide in regelmäßigen Abständen auf rassistische Stereotype zurück, wodurch die Standpunkte der Rechtsextremen größere Akzeptanz erfahren.

Kotleba war früher Vorsitzender von „Slovenská Pospolitost“ (dt.: Slowakische Gemeinschaft), einer Organisation, die 2008 vom Innenministerium verboten wurde. Der slowakische Oberste Gerichtshof machte diese Entscheidung 2009 aber wieder rückgängig. Nach dem Verbot von 2008 wurde eine neue rechtsextreme Partei gegründet, die L’SNS („Volkspartei – Unsere Slowakei“). Diese Kreise veranstalteten diverse Anti-Roma-Demonstrationen und Gedenkfeiern zu Ehren des slowakischen Naziregime unter Jozef Tiso, einem Regime, dass später zum Protektorat Nazi-Deutschlands wurde. Bei Aktionen der L’SNS werden häufig Lieder gesungen, mit denen Tiso geehrt wird. Der Nazi-Gruß der ehemaligen faschistischen Garde „Hlinkova Garda“ ist ein übliches Merkmal bei diesen Veranstaltungen.

Das Erstarken neofaschistischer Kräfte in Osteuropa aber auch der Neonazis von „Goldener Morgen“ in Griechenland sowie die Möglichkeiten, die sich einer Reihe von rechtsextremen Kräften in Westeuropa bieten, sind Ausdruck der politischen, sozialen und ökonomischen Krise. Die Krise ist auf den Kapitalismus zurückzuführen, und viele suchen nach Antworten und Alternativen. Solange die Arbeiterbewegung es nicht vermag, angesichts der um sich greifenden Unzufriedenheit eine politische Alternative anzubieten, bleibt Raum für diverse Kräfte, die aus Vorurteilen und der existierenden Spaltung der Gesellschaften Kapital schlagen. Um Rassismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen, müssen wir auch an einer Alternative zum Kapitalismus arbeiten, dessen Markenzeichen die Krise ist.