Mi 11.06.2008
Laut Jean Ziegler, dem UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, sterben täglich ca. 100.000 Menschen, weil sie zuwenig zu Essen haben. Die steigenden Preise bei den Grundnahrungsmitteln sind für viele mehr ein Todesurteil.
Hunger ist kein Schicksal …
… lautete in den 1980er Jahren ein Slogan. Auch heute bestimmen nicht die Bedürfnisse der Menschen, sondern Profitinteressen von Konzernen und SpekulantInnen über Leben und Tot von Millionen Menschen. Die Verzweiflung treibt in den letzten Monaten viele zu Protesten gegen die explodierenden Nahrungsmittelpreise. In einer Reihe von Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika gingen Menschen auf die Straße. Regierungen und auch internationale Organisationen reagierten mit Gewalt und Repression. Aber die Proteste werden weiter gehen - und bergen revolutionäres Potential in sich.
Hunger als Mutter der Revolution?
Manche meinen, Revolutionen finden dann statt, wenn es den Menschen wirklich dreckig geht. Diesen Ansatz nennt man auch "Verelendungstheorie". Die Geschichte hat gezeigt, dass er nicht nur zynisch, sondern auch faktisch falsch ist. Nichts desto trotz können Proteste gegen z.B. steigende Lebensmittelpreise, gegen die staatliche Repression, mit denen diese Proteste beantwortet werden, gegen den stümperhaften Umgang von Regierungen mit Katastrophen etc. der Beginn weitergehender Bewegungen sein.
Indonesien 1998 – auf halbem Weg stehen geblieben
In Indonesien explodierten 1997 als Folge der Asienkrise und eines "Hilfspaketes" von IWF und Weltbank die Nahrungsmittelpreise. Die darauf folgende Bewegung führte zum Sturz des Langzeitdiktators Suharto. Aber es gab zu der Zeit in Indonesien keine politische Kraft, die in der Lage und bereit war, die Bewegung weiter zu tragen. Die politische "Führung" bremste die Bewegung - auch linke Gruppen setzten auf ein Bündnis mit "fortschrittlichen" Bürgerlichen. Man beschränkte sich darauf, die Spitze des alten Regimes abzusetzen - änderte aber an den Macht- und Eigentumsverhältnissen in Indonesien wenig. Die Folgen sind heute - 10 Jahre danach - deutlich. Am korrupten und repressiven Staatsapparat hat sich wenig geändert. Die nationalen Konflikte sind nicht gelöst. Nach wie vor lebt ca. ein Drittel der Bevölkerung in Armut. Und gegen die jüngste Explosion bei Nahrungsmittelpreisen gibt es Proteste. Es ist zu hoffen, dass die Lehren aus 1998 gezogen wurden und diesmal keine halben Sachen gemacht werden.