Kasachstan: Dieses Öl stinkt gewaltig!

Österreichische Unternehmen machen Geschäfte mit der Diktatur in Kasachstan!

Kasachstan ist in in der Region Zentralasien/Südkaukasus der mit Abstand wichtigste Außenhandelspartner Österreichs; ca. 40 % der Exporte in die Region gehen nach Kasachstan (ca. 200 Mio. EUR) – das bilaterale Handelsvolumen beträgt je nach Quelle 1,6 Mrd. Euro. Durch die Errichtung eines eigenen Außenwirtschaftscenters in Almaty, bis 1997 Hauptstadt des Landes nahe dem Dreiländereck China/Kirgisistan/Kasachstan, aber auch durch zahlreiche gegenseitige Besuche von Handelsdelegationen, versucht Österreich, ein stärkeres kapitalistisches Standbein in die Region zu setzen. Ja sogar BP Fischer setzte sich (wohl in Kenntnis der inneren Lage Kasachstans) im Dezember 2010 an die Spitze einer Wirtschaftsdelegation, in deren Laufe dann mehrere Absichtserklärungen beschlossen wurden.

Und tatsächlich: Bereits wenige Monate danach unterzeichneten Minister Mitterlehner und der Industrie- und Technologieminister von Kasachstan, Aset Isekeschev, eine „Deklaration über die Prioritäten und Ziele der wirtschaftlichen Zusammenarbeit“. Als „prioritäre Sektoren“ wurden Industrie, Infrastruktur, Energie, Umweltschutz, Tourismus, Gesundheit und E-Government beschlossen.

Es geht um viel Geld in Kasachstan

Erstens: Kasachstan ist mit einem Volumen von 1,4 Mrd. EUR im Jahr 2011 (Gesamtimporte: 4,4 Mrd. EUR) der wichtigste Öllieferant Österreichs. Die Gaspipeline Nabucco wird, so sie überhaupt fertig gebaut wird, auf absehbare Zeit keine sicheren Erdgaslieferungen nach Österreich bringen, was die Abhängigkeit von Kasachstan weiter erhöht. Zweitens: Österreichs Banken und andere Unternehmen (Bank Austria/Unicredit, OMV) sind massiv (ca. 100 Mio. EUR 2011) als investitionsstarke Dienstleister involviert und weitere Finanzdirektinvestitionen betrugen nach 1,92 Mrd. EUR 2010, im Jahr 2011 immer noch stattliche 0,65 Mrd. EUR. Totalverluste, vor denen die EU Österreich bereits seit Jahren warnt, hätten desaströse Auswirkungen in Österreich und müssen abgesichert werden, so die kapitalistische Logik. Drittens: Bereits bisher (Stand 2011) haben Österreichische Unternehmen 196 Mio. Euro Waren nach Kasachstan exportiert, eine Zahl, die 2012 noch übertroffen wird. 

Darunter sind Pharmazeutika (Nycomed Austria, Lannacher [= Bartenstein]), Technik und Infrastruktur (Alcatel Telecom, Kapsch, AUA), Maschinen und Anlagen, Waren aus Eisen und Stahl (Voest Alpine Trading) sowie Mess- und Prüfinstrumente und Papier und Pappe.

Österreich ist auch mit führend bei Umweltschutztechnik, Tourismusentwicklung (2017 findet in und bei Almaty die Winter-Universiade statt), Umwelttechnik und Transport und damit auch in Kasachstan vertreten und will dieses Engagement massiv verstärken. Insgesamt machen ca. 50 Österreichische Unternehmen mit Niederlassungen oder Repräsentanzen in Kasachstan ihre lukrativen Geschäfte mit der Diktatur. Kräftig unterstützt von der Politik, insbesondere aus sozialdemkratischen Lager. Bundespräsident Fischer preist den Diktator Nasarbajew und umarmt ihn zur Begrüssung freundschaftlich. Ex-Kanzler Gusenbauer ist lange Berater des Präsidenten.

Das Ziel ist klar: Die kasachische Regierung hat ein Investitionspaket im Ausmaß von 700 Millionen Euro geplannt - und da wollen österreichische Unternehmen ein grosses Stück davon haben. Wie es den Menschen vor Ort geht, ist dabei uninteressant!

Geschäfte mit der Diktatur

In Kasachstan regiert seit UdSSR der 72-jährige Nursultan Nasarbajew mit eiserner Hand. Ende 2011/Anfang 2012 hatten Tausende Ölarbeiter über ein halbes Jahr mit einem Streik gegen Ausbeutung und für höhere Löhne demonstriert. Der Streik wurde mit aller Brutalität niedergeschlagen – es gab bis zu 100 Tote bzw. Verschwundene und viele Verletzte. Fast 20 angebliche Anführer der Proteste wurden zu bis zu sieben Jahren Straflager verurteilt worden. Dass Mitte des Jahres fünf Polizisten wegen ihres damaligen brutalen Vorgehens zu unerwartet langen Haftstrafen verurteilt wurden, ist zwar zu begrüßen, steht aber in keinerlei Relation zu ihren Taten. Zudem wurde Wladimir Koslow, Anführer der (in etwa sozialdemokratischen) Oppositionspartei Alga, zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt, weil es ein Gericht als erwiesen angesehen hat, dass er bei den Unruhen im Dezember 2011 zum Sturz der Regierung aufgerufen habe. Der Chef der Partei Alga weist die Vorwürfe vehement zurück.

Die Menschenrechtslage ist insgesamt nach wie vor angespannt. Im Oktober 2010 hatte der UN-Sonderberichterstatter Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen in Kasachstan kritisiert. Das Land verberge das volle Ausmaß der Folter und anderer Misshandlungen in seinem Haft- und Gefängnissystem weiterhin.

Korruption und politische Intervention im Rechtsbereich sind an der Tagesordnung. In Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Reformanstöße von innen und außen werden wenn überhaupt, dann zögernd angenommen und umgesetzt.

Trotz erster Maßnahmen berichteten laut Amnesty International Personen, die sich im Polizeigewahrsam befanden, dass sie sowohl vor als auch nach der formalen Registrierung ihrer Haft in einer Polizeistation häufig Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt waren.

Die Meinungs- und Medienfreiheit ist stark eingeschränkt. Kritik am Präsidenten und seiner Familie kommt vor, jedoch nur punktuell. Missliebige Journalisten werden drangsaliert und im kasachischen Internet werden bestimmte Seiten blockiert.

greenpeace fasst zusammen: "Repressive Gesetze und Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung und Ölfirmen verletzen die Arbeiterrechte von Tausenden Arbeitern der boomenden Erdölbranche Kasachstans, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichen Bericht. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Jahr 2011 im Westen von Kasachstan, die nach einem ausgedehnten Streik durch Ölarbeiter eskalierten, machen ein größeres Problem deutlich: die allgemeine Missachtung von Arbeiter- und Menschenrechten, vor denen auch Kasachstans Wirtschaftspartner und Investoren nicht die Augen verschließen sollen."

Kasachstan will Österreich als Eintrittskarte für weitere Verbindungen in die EU

Es ist davon auszugehen, dass die Österreichische Bundesregierung, deren Handelsdelegationen und die interessierten UnternehmerInnen um all diese Umstände genau Bescheid wissen.

Anstatt politischen und wirtschaftlichen Druck auf Kasachstan auszuüben, tragen sie jedoch weiter zur Ausbeutung der ArbeiterInnen des zentralasiatischen Landes bei, indem sie das Regime hoffieren und Geld hineinpumpen, das direkt oder indirekt auf den Konten einer reichen Minderheit landet: bei jenen 50 reichsten KasachInnen, die zusammen rund 24 Mrd USD besitzen – an erster Stelle mit 3,5 Mrd.USD Vladimir Kim, Vorsitzender einer großen Bergbaugesellschaft. Die reichsten 50 Personen besitzen beinahe 15% eines Jahres-BIP.

Von den Öl- und Gasressourcen des Landes profitiert nur eine schmale Elite, die darüber hinaus direkt an der Repression der Masse der ArbeiterInnen einen wesentlichen Anteil hat.

Bundespräsident Fischer bezieht sich positiv auf Kasachstans Wunsch, für die Wahl zum UNO-Menschenrechtsrat und lädt Kasachstan zur österreichischen Anti-Korruptions-Akademie ein. Eine Verhöhnung der gewerkschaftlichen und MenschenrechtsaktivistInnen in Kasachstan!