Do 22.01.2009
Der Tod eines 15-Jährigen am 6.12. in Athen durch Polizeischüsse löste eine Welle von Massenprotesten in Griechenland aus. Auch als Folge von Polizeireprässion kam es bei den Demonstrationen zu Ausschreitungen. Eine Chance die Bewegung in Bahnen zu lenken welche tatsächlich die Regierung stürzen könnte, wurde leider von der Gewerkschaftsführung verpasst: Die Bewegung fiel nämlich mit einem, schon seit längerem für den 10.12. geplanten, Generalstreik gegen die Regierungspolitik zusammen. Der Streik fand statt, aber die Gewerkschaft sagte aufgrund der Proteste die Demos ab und rief nur zu Kundgebungen auf. Trotzdem: Am 19.12. streikten LehrerInnen und öffentlich Bedienstete. An diesem Tag waren außerdem 200 (von 400) Universitäten und 700 (von 3.000) Schulen besetzt und alleine in Athen 20.000 Menschen auf der Straße. Am 24.12. forderten hunderte DemonstrantInnen in Athen die Freilassung der (bereits über 300) Festgenommenen.
Der Hintergrund der Proteste: 25% der 15- bis 24-Jährigen sind arbeitslos. SchülerInnen sehen sich mit einem repressiven Schulsystem, Studierende mit der Öffnung der Universitäten gegenüber der Wirtschaft konfrontiert. Die Bevölkerung ist von hoher Inflation und einem niedrigen Lohnniveau betroffen. Die Regierung hat hingegen – trotz Gewinnen der Banken – ein 28 Mrd. Euro-Bankenpaket verabschiedet und kürzt u.a. im Gesundheitswesen. 70 % fordern inzwischen Neuwahlen.
Kämpferisch und politisch
Aber auch in Italien kämpfen SchülerInnen, StudentInnen und prekär Beschäftigte miteinander, und haben in Rom schon die Rücknahme eines “Bildungspakets” mit Milliardenkürzungen erreicht. Junge Menschen beginnen sich angesichts der tristen Aussichten nach ihrem Schul- oder Lehrabschluss wieder mehr mit ihrer Situation auseinanderzusetzen. Der Trend vom Single-Issue Protest geht immer mehr Richtung politischen Forderungen, und einer Infragestellung des Systems in dem wir leben an sich.
Deutschlands Jugend protestiert
Die derzeitige Wirtschaftskrise lässt die Wut am System noch zusätzlich steigen. Fand man z.B. in Deutschland bis jetzt immer mehr Jugendliche in diversen Umwelt- und Tierschutzorganisationen, so verbünden sich jetzt 1000ende SchülerInnen und StudentInnen um gegen die Bildungsreformen in Deutschland, die massive Verschlechterungen bedeuten, auf die Straße zu gehen. In Frankreich verbünden sich die SchülerInnen der Banlieues mit den SchülerInnen und StudentInnen der Innenstadt. Was die deutsche Zeitung “Die Zeit” am 31.12. 2008 über Italiens Proteste schrieb könnte so bald für ganz Europa gelten: “1968 bildeten Arbeiterschaft und Studenten eine geschlossene Front. Heute ist die Situation ähnlich: Die Studenten und Oberschüler marschieren Seite an Seite mit (...) jenen Arbeitnehmern, die durch die Wirtschaftskrise und Kürzungen der Regierung um ihre prekären Stellen fürchten. Und auch die Lehrer und Eltern der Studenten gehen mit auf die Straße.”
Und Österreich?
Bei Jugendprotesten war Österreich schon in den 1980er und 1990ern keine Ausnahme mehr. Es gab massive Bewegungen von Studierenden und SchülerInnen gegen die Sparpolitik. Auch die Widerstandsbewegung gegen Blau-Schwarz 2000 sowie die Proteste gegen Gusenbauers gebrochene Wahlversprechen wurden v.a. von jungen Menschen getragen. Eine – erfolgreiche – Protestwelle gegen die Sparmaßnahmen die uns die künftige Regierung aufbrummen möchte, könnte nicht zuletzt dazu beitragen, den Einfluss der rechtsextremen Parteien auf Jugendliche entscheidend zurück zu drängen.