Mi 24.06.2009
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad wandte sich vor dem die Freiheit symbolisierenden Azadi-Monument in Teheran kürzlich an tausende von Anhänger, um den 30. Jahrestag der iranischen Revolution zu feiern - eine von der Arbeiterklasse getragene Revolution, die ein vom Westen gesteuertes Marionettenregime des Schah zu Fall brachte. Nur, warum mündete die Revolution letztendlich in der Einrichtung einer theokratischen Diktatur? Und: Kann die iranische Arbeiterklasse ihre revolutionären Ambitionen gegen das repressive islamistische Regime heute wieder erlangen?
Im Februar 1979 wurde die verhasste monarchistische Diktatur von Schah Mohammad Reza Pahlavi durch einen Generalstreik der Ölarbeiter in Chuzestan, dem Herzen des südwestlichen Iran, endgültig hinweggefegt. Millionen von Protestierenden strömten durch die Straßen Teherans und anderer iranischer Städte.
Diese Massenbewegung setzte der sogenannten Pfauen-Herrschaft und der Pahlavi-Dynastie ein Ende. Vom Augenzeugen Edward Mortimer wurde diese Revolution in der britischen Zeitschrift The Spectator als „eine wahrhaft von der Bevölkerung getragene Revolution im besten Wortsinn, der wahrscheinlich wahrhaftesten seit 1917“ beschrieben.
Im Unterschied zur Russischen Revolution jedoch fehlte es der iranischen Arbeiterklasse an einer Partei wie den Bolschewiki und einer Führung, die unabhängig und umfassend im Sinne der Arbeiterklasse gehandelt hätte, sowie an einem sozialistischen Programm, das den Weg nach vorn hätte vorgeben können. Ohne eine solche Führung, schaffte es eine religiöse Bewegung, an die Spitze der direkten politischen Opposition gegen das Shah-Regime zu gelangen und die Macht an sich zu reißen.
Hintergrund der Revolution
Die Geschichte der iranischen Arbeiterklasse ist gespickt mit heldenhaften Kämpfen. Unter dem Eindruck der Russischen Revolution von 1917 wurde die Sowjetrepublik von Gilan im Norden des Iran errichtet. Sie wurde von Reza Khan, der 1921 bei einem Militärputsch an die Macht kam, niedergemetzelt. Khan war immer der Handlanger des britischen Imperialismus gewesen, welcher ihn 1941 wiederum durch seinen eigenen, noch gefügigeren Sohn ersetzte.
Die iranische Arbeiterklasse hatte tragischer Weise unter einer mangelhaften Führung zu leiden. Die wichtigste Arbeiterpartei vor der Revolution war die 1941 gegründete Tudeh (Kommunistische Partei). Indem sie massive Streiks anführte, konnte sie während der sowjetischen Besetzung des nördlichen bzw. der britischen Besetzung des südlichen Aserbaidschan eine riesige Welle an Unterstützung für sich aufbauen. 1946 führten die Ölarbeiter von Chuzestan den als größten Streik im Mittleren Osten in die Geschichte eingegangenen Arbeitskampf an und der Dachverband der iranischen Gewerkschaften wurde die größte Gewerkschaftsorganisation.
1951 vertrieb eine Volksbewegung unter Führung des radikal-nationalistischen Premierministers Mohammad Mossadegh und seiner Nationalen Front die Briten von den Ölfeldern des Landes und verstaatlichte sie. Der „allmächtige“ Shah floh 1953 ins Exil. Doch weil der Iran ein an Öl reiches und strategisch wichtiges Land war, inszenierten der US-amerikanische und der britische Imperialismus einen Putsch, um die Rückkehr des Shah zu gewährleisten. Die Führung der 100.000 Mitglieder starken Tudeh tat letztlich nichts und floh zu ihren stalinistischen Paten nach Moskau.
Terror und Industrialisierung
Um seine Herrschaft zu sichern, begann der Shah damit, sämtliche organisierte politische Opposition zu zerschlagen und Gewerkschaften wurden verboten. Im Kalten Krieg wollten die USA Iran zu einer Festung des Westens ausbauen und unterstützten massiv seine Wiederbewaffnung. Vom CIA unterstützt ging die 1956 gegründete grausame Geheimpolizei Savak zunehmend willkürlicher vor. Nach dem Sturz des Shahs wurde u.a. eine grausige Zelle mit einem Bettkasten entdeckt, der einen Kocher für Menschenfleisch und eine Vorrichtung nach Art einer Brotschneidemaschine für Hände und Arme umfasste.
Doch um das Regime zu erhalten, reichte Terror alleine nicht aus. 1963 kam es zu einer neuerlichen Rebellion. Tausende wurden niedergemetzelt und Ayatollah Khomeini musste ins Exil, aus dem er erst am 1. Februar 1979 zurückkehrte, wobei ihn eine Masse von fünf Millionen Menschen empfing.
1963 initiierte der Shah seine „Weiße Revolution“ und sorgte damit für eine umfangreiche Industrialisierung, wozu auch die Transformation des ländlichen Raumes zählte. Öleinnahmen wurden eingesetzt, um die zum Großteil nicht mehr im Land anwesenden Großgrundbesitzer auszuzahlen und ihnen Sondereinnahmen zu bescheren, damit diese ihre Vermögen in die Industrie investierten. Sie wurden damit zur kapitalistischen Klasse. Mit der Einführung kapitalistischer Agrartechniken wurden mehr als 1,2 Millionen BäuerInnen von ihrem Land vertrieben. Sie strömten folglich in die städtischen Gebiete, um dort unter entsetzlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen ihr Dasein zu fristen.
Seine Wirtschaftspolitik übernahm der Shah von der Nationalen Front. Das erklärt auch, weshalb deren Unterstützung bröckelte. Die Tudeh-Partei litt unter der Repression, sie war aber nicht in der Lage, die Basis für eine Arbeiterbewegung zu schaffen, um den Kapitalismus zu überwinden. Sie sehnte sich einfach nur nach einem neuen Mossadegh.
Wachsende Öleinnahmen ließen die Herrschaft des prachtvollen Thrones der Pfauen-Dynastie immer „fettleibiger“ werden. Während des israelisch-ägyptischen Krieges im Jahr 1973 schnitt der Imperialismus einige Fäden ab, an der die Marionette hing, da das persische Regime unterdessen zu einem der energischsten Mitglieder der OPEC (Organisation der ölproduzierenden Länder) geworden war. Ölembargos sorgten für eine Vervierfachung des Ölpreises. 1976 produzierte der Iran 295 Million Tonnen Öl, was 10 Prozent der Weltproduktion ausmachte.
Die halsbrecherische Art und Weise, mit der die Industrialisierung betrieben wurde, brachte eine Arbeiterklasse hervor, die ihre Stärke zu spüren begann und ihren Anteil am neuen Wohlstand einforderte. Das Unbehagen wuchs und die Zeit der Abrechnung schien gekommen zu sein.
Revolutionäre Explosionen
Der US-Imperialismus schien für die zunehmend wahrscheinlicher werdende Möglichkeit ausbrechender Unruhen blind zu sein. Noch im Dezember 1977 stieß Präsident Jimmy Carter mit dem Shah an und rühmte seine »großartigen Führungsqualitäten« als „eine Insel der Stabilität in einer der am meisten von Krisen geschüttelten Regionen der Welt“. Ende 1978 berichtete der CIA, dass der Shah mindestens für die kommenden 10 Jahre seine Machtposition halten werde. Die Wirtschaft steuerte allerdings Richtung Krise. Nach 1976 fiel der Ölpreis und die Inflation stieg steil an. Strikte wirtschaftliche Eingriffe führten zu steigender Arbeitslosigkeit und dazu, dass die ArbeiterInnen in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Trotz der blutigen Repression kam es unter den armen Massen in den Fabriken, Moscheen und Universitäten sowie an den unzähligen Verkaufsständen und unter den kleinen HändlerInnen in den Basaren zu einer Explosion an Protesten.
1977 hielten 50.000 arme Menschen aus dem städtischen Raum Bulldozer auf, die geschickt worden waren, um die Slums von Teheran zu beseitigen. Als im Januar 1978 auf protestierende Theologiestudierende in der heiligen Stadt Ghom das Feuer eröffnet wurde, war dies der Auslöser für einen Generalstreik.
Die Situation eskalierte, als am Ende des Hochsommers die ArbeiterInnen der Textil-, Werkzeugbau-, Auto-, Papier-, Entsorgungs- und anderer Branchen das Heft in die Hand nahmen. In Teheran, der Provinz Fars sowie in Chuzestan und vor allem in der Stadt Ahvaz kam es zu massigen Streiks.
Die Forderungen wurden ausgeweitet und gingen über die Bereiche Lohn und Verhinderung von Entlassungen hinaus. Man verlangte nach demokratischen Rechten und forderte „Tod dem Shah“ sowie „Vergeltung für [...] seine amerikanisch-imperialistischen Freunde“. Andere wollten eine „sozialistische Republik auf Grundlage des Islam“. Im Oktober forderten die StahlarbeiterInnen von Isfahan im Zentrum des Iran dann die Vertreibung sämtlicher Angehöriger von Savak und des Militärs von der Produktionsstätte.
Die streikenden ÖlarbeiterInnen von Chuzestan produzierten nur noch für den notwendigen Bedarf. Ein verzweifelter Shah entsandte seine Truppen und auf dem Jaleh-Platz in Teheran wurden 3.000 Protestierende niedergemetzelt.
Die ArbeiterInnen reagierten mit der Ausweitung des Generalstreiks. Die BahnarbeiterInnen verhinderten, dass die Militärführung und andere reisen konnten. Beschäftigte der Handelsbranche ließen nur noch die Einfuhr unerlässlicher Waren wie Medikamente und Babynahrung zu. Die Massen marschierten hinter der Forderung der ÖlarbeiterInnen nach einem Regierungswechsel und dafür, dass der Shah abtreten möge. Mit einer sich zunehmend mit den Massen verbrüdernden Armee war das Schicksal der Monarchie besiegelt und am 11. Februar 1979 kam sie endgültig zu Fall.
Arbeiterführer
Wie nun war es möglich, dass eine vom rechtsgerichteten politischen Islam geführte Bewegung der iranischen Arbeiterklasse die Macht entreißen konnte? Bei einer Gesamtbevölkerung von 35 Millionen war die Arbeiterklasse mit alles in allem drei bis vier Millionen Menschen zahlenmäßig stärker als im Falle Russlands im Oktober 1917. Entscheidend war, dass die Tudeh-Partei hinsichtlich der halb-industrialisierten Länder wie Russland und Iran aus den in seiner Theorie der „Permanenten Revolution“ gezogenen Lehren Trotzkis, die von den Ereignissen der Russischen Revolution bestätigt wurde, nicht gelernt hatte.
Trotzki erläuterte, dass eine schwache kapitalistische Klasse eines Land, die abhängig ist von Großgrundbesitz und Imperialismus, nicht in der Lage ist, die historischen Aufgaben (z.B. Durchsetzung demokratischer Rechte, Einführung eines repräsentativen Parlamentarismus, Landreform etc.), die aus ihrer eigenen kapitalistischen Revolution entstanden sind, zu bewältigen. Diese Aufgaben würden der Arbeiterklasse zufallen, die die Bauernschaft mit einbeziehen müsse. Einmal erlangt würden die ArbeiterInnen die Macht nicht den Kapitalisten zurückgeben, sondern den Willen entwickeln, eine Arbeiterregierung und eine sozialistische Gesellschaft zu erkämpfen.
Statt die iranische Arbeiterklasse in einen Kampf um die Macht zu führen, verharrte die Tudeh-Partei in der Zwangsjacke der stalinistischen „Etappen-Theorie“. Man argumentierte, dass der Kampf für Sozialismus aufgeschoben sei auf ein Datum in der Zukunft, nach der Errichtung und Entwicklung eines kapitalistischen Staates. Daran anknüpfend gab die Tudeh-Partei die Parole für eine „Demokratische Islamische Republik“ aus und marschierte hinter der kapitalistisch-islamischen Geistlichkeit her. Ihr Anführer erhielt unterdessen sogar den Spitznamen „Ayatollah“.
Andere bedeutende linksradikale Gruppierungen versagten ebenfalls darin, die Arbeiterklasse zu organisieren. Die Fedajin rekrutierten sich aus jugendlichen AnhängerInnen der Tudeh-Partei. Sie nahmen nach dem missglückten Putsch von 1953 mittels einer Guerilla-Taktik den bewaffneten Kampf auf.
Nach militärischen Niederlagen Mitte der 1970er Jahre tauchten sie am 10. Februar 1979 wieder auf, um gegen die „unsterbliche Leibgarde“ des Shah zu kämpfen und seiner Herrschaft den letzten Sargnagel zu verpassen. Die islamistische Guerilla der Modschahedin-e Chalgh verfolgte das Ziel einer islamischen Gesellschaft ohne Geistlichkeit. Keine dieser Gruppierungen konnte einen zukunftsweisenden Weg anbieten, indem sie die Bewegung auf Landesebene koordiniert hätte. Auch sorgten sie weder für die politische noch für die militärische Entwaffnung der islamistischen Geistlichen.
Religiöse Bewegung
Das Versagen der stalinistischen Bürokratie sowie der linken arabischen Bewegungen sorgten für das Erstarken des politischen Islam. Sie äfften jenen kapitalistischen Nationalisten nach, die sich selbst als fortschrittlich darstellten, indem sie einem „arabischen Sozialismus“ das Wort redeten, während sie gleichzeitig das kapitalistische System nicht grundsätzlich angriffen.
Als im Zuge der „Weißen Revolution“ des Shahs damit begonnen wurde, einem der mächtigsten Großgrundbesitzer, der islamischen Kirche, das Land zu entziehen, wurde diese dazu gezwungen, in Opposition zum Regime zu treten und es begann ein Prozess, der die Geistlichkeit letztlich in die Lage versetzte, die Macht zu übernehmen.
Da unter dem Shah jede politische Organisation verboten wurde, ging die Opposition dazu über, sich in den Moscheen zu treffen. Der Klerus verfügte über ein gut organisiertes Netzwerk mit 10.000 Moscheen, 180.000 Mitgliedern, 90.000 Mullahs und 50 Ayatollahs. Briefe und Audioaufnahmen Khomeinis wurden ins Land geschmuggelt und vervielfältigt. Bei einer Bevölkerung, die zur Hälfte auf dem Land lebte und von der zwei Drittel Analphabeten waren, wurde die Stimmung unter den Armen und besitzlos Gewordenen durch radikale Predigten aufgeheizt.
Sie interpretierten den Aufruf zum Sturz des Shahs als Kampf gegen den Totalitarismus und die Forderung nach einer „Islamischen Republik“ als Forderung nach einer „Republik der Armen“. Selbst ein Ölarbeiter sagte einem US-amerikanischen Korrespondenten: „Khomeini […] wird den Reichen die Macht entreißen und sie uns übertragen“. Es wurde ein Bild eines islamischen Staates gezeichnet, in dem Freiheit und Demokratie die korrupten westlichen und nicht-islamischen Einflüsse ablösen würden.
Hinzu kam, dass die Basare rund um die Moscheen aufzublühen begannen, die ihnen eine besondere Abgabe zahlten. Als der Shah gegen die Basare vorging, indem er sie für die steil ansteigende Inflation verantwortlich machte, nutzte Khomeini die Situation aus und erreichte, dass sie ihn unterstützten.
Auch soziale Zentren sammelten sich um die Moscheen und spielten eine entscheidende Rolle dabei, den besitzlos gewordenen BäuerInnen, die in die Städte strömten, Unterstützung und Lebensmittel anzubieten. All dies ließ einige Vertreter des Klerus nach links rücken. Ein Geistlicher trat sogar für öffentliches Eigentum an der Industrie und eine klassenlose Gesellschaft ein.
Arbeiterräte
Doch im ganzen Land nahmen die ArbeiterInnen die Dinge selbst in die Hand und besetzten den Arbeitsplatz und organisierten Streikkomitees oder Shoras (pers.: Räte; Anm d. Übers.). Noch vor dem Zusammenbruch des Regimes forderte ein die ÖlarbeiterInnen von Chuzestan repräsentierendes Komitee „Arbeiterbeteiligung bei den politischen Angelegenheiten des Landes“ als einziger Weg für den „wahren Aufbau“ einer iranischen Republik.
In Teheran kamen Delegierte aus den Shoras des ganzen Landes im Khane-ye Kargar oder Haus der Arbeiter zusammen und organisierten am 1. Mai 1979 eine mächtige Demonstration. Zu einer wirklichen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Teilen der Arbeiterklasse auf Landesebene kam es jedoch nicht. Die Tudeh-Partei agitierte sogar aktiv gegen die Existenz der Shoras.
In den armen städtischen Gebieten entstanden Shora-ye mahallat oder „Nachbarschafts-Räte“, die Dinge organisierten wie die Verteilung von Brot an alte und gebrechliche Menschen. Im Frühjahr 1980 wurden 70 Prozent der Stadt Isfahan von Shoras geführt. Obdachlose Familien und arme PächterInnen besetzten Luxushotels und Villen und setzten Shoras ein. Dies geschah während in Kurdistan und im turkmenischen Teil der iranischen Provinz Golestan die BäuerInnen ihr Land zurückverlangten.
Als geistlicher Führer der schiitischen Massen und zusammen mit dem kampfeslustigen Klerus, der einzigen Kraft mit klaren politischen Zielen, Organisationsstruktur und einer Strategie, war Khomeini in der Lage, die Führung über die Revolution zu übernehmen und ihr seine eben erst gegründete Islamisch-Republikanische Partei (IRP) überzustülpen. Mehdi Bazargan, Führer der liberal-kapitalistischen Nationalen Front, wurde für einige Monate und mit Unterstützung der Tudeh-Partei zum Premierminister, der Klerus organisierte ein neues Regime.
Innerhalb von zwei Tagen verordnete Khomeini, die Shoras aufzulösen. Doch er musste behutsam vorgehen. Oder, wie ein Metallarbeiter es formulierte: „Nach der Revolution erkannten die ArbeiterInnen, dass das Land ihnen gehört“. Khomeini war gezwungen, sich einen radikalen linken Zungenschlag anzueignen und eine anti-imperialistische Haltung, vor allem gegenüber den USA, einzunehmen. Zurück aus dem Exil kündigte er eine „Regierung für das Volk“ an. Tatsächlich existierte eine Doppelherrschaft aus Shoras und Zentralregierung.
Khomeini suchte zwischen diesen beiden Klassen den Ausgleich. Er war gezwungen, Zugeständnisse an die ArbeiterInnen zu machen, führte den Nulltarif im öffentlichen Verkehr ein und stellte Medikamente sowie Grundnahrungsmittel zur Verfügung. Er war jedoch entschlossen, ihre Organisationen zu zerschlagen. Im März wurde den Frauen das Tragen von Kopftüchern verordnet, was zu Protesten führte. Im April erzielte Khomeini einen 99 Prozent-Sieg in einem landesweiten Referendum, bei dem die Wahl bestand zwischen einem Ja oder Nein zur „Islamischen Republik“.
Regime verschärft die Maßnahmen
Im Juli 1980, da sich die Staatsfinanzen in der Krise befanden und die Arbeitslosigkeit bei 25 Prozent lag, wurde das erste Verstaatlichungsdekret erlassen, das dazu führte, dass der Großteil der Industrie in Staatsbesitz überging, obgleich Privatbesitz weiterhin „respektiert“ wurde.
Revolutionsgerichte wurden eingerichtet, mit denen die Hinrichtung militärischer und politischer Führer von Polizei und dem Savak des Shah-Regimes einher ging. Doch auch bis zu zehnjährige Haftstrafen konnten „für störende Taktiken in Fabriken oder Arbeiter-Agitation“ verhängt werden.
Shora-ye eslami oder islamische Räte wurden unter strenger Ägide errichtet und neben den Shoras etabliert. Streiks wurden verboten und in den späten 1980ern zogen die Pasdaran oder „Revolutionsgarden“ durch die Fabriken und zerschlugen die Shoras.
Ein Drittel der iranischen Bevölkerung machten die ethnischen Minderheiten aus. Unter dem Shah unterlagen sie schwerwiegender Unterdrückung. Das setzte sich unter islamischer Herrschaft fort. In der turkmenischen Region um Gorgan (Hauptstadt der Provinz Golestan; Anm d. Übers.), der arabisch-sprachigen und ölreichen Region Chuzestan und vor allem im kurdischen Kordestan brachen regionale Aufstände aus und wurden brutal niedergeschlagen.
Trotz Streiks und anderer Aktionen hatte das Regime 1982 seine Macht gefestigt. Khomeini unterdrückte jegliche Opposition als Verräter der Revolution. Das Regime nutzte die 444-Tage Besetzung (und Geiselnahme in) der US-Botschaft durch islamistische Studierende, die im November 1979 begann und den iranisch-irakischen acht Jahre dauernden Krieg nach dem von den USA gestützten Einmarsch des irakischen Regimes im September 1980.
Khomeini nutzte den Krieg, um einen glühenden Nationalismus zu schüren und damit seine eigene Macht zu stärken. Zehntausende Oppositionelle wurden hingerichtet, hunderttausende kamen in Haft. Bis 1983 waren Tudeh-Partei und Fedajin vollends zerschlagen.
Kurz nach der revolutionären Welle und vor dem Hintergrund der entstellten Planwirtschaften der stalinistischen Staaten musste das iranische Regime einen linken Charakter annehmen. Als die Revolution sich aber ausgeweitet hatte, kehrte sie in zunehmendem Maße nach rechts und verstaatlichte Bereiche wurden reprivatisiert.
Die Auswirkungen der iranischen Revolution lösten ein Anwachsen des militanten politischen Islam in anderen Ländern aus, der nun die Interessen des Imperialismus bedrohte.
Ironischer Weise beförderten der Imperialismus und seine korrupten und tyrannischen arabischen Verbündeten bewusst den rechtsgerichteten Islam als Gegengewicht zum Stalinismus und den linken Bewegungen. Durch die Finanzierung von tausenden von Religionsschulen in Pakistan, Indien und der arabischen Welt wuchs die Bewegung an, während das stalinistische bürokratische System in der Sowjetunion und in Osteuropa stagnierte und in den 1970er und 1980er Jahren zu verfallen begann. Die Niederlage der Sowjetunion in Afghanistan gegen die Mudschahidin und arabische Kämpfer im Jahr 1989 (mit Waffen ausgerüstet und finanziert von den USA) und der Kollaps des stalinistischen Systems half mit beim Aufstieg des rechtsgerichteten Islam.
Spaltungen
Von Beginn an existierten zwischen den Fraktionen des iranisch-islamistischen Regimes tiefe Spaltungen. Zwischen den Hardlinern unter den Geistlichen, die unbeirrt an der Macht im Staate hängen, und Teilen der sogenannten „Reformern“, die den westlichen Kapitalismus mit einbeziehen und die Privatisierung ausweiten wollen, kam es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen.
Mohammad Chatami, zwischen 1999 und 2005 iranischer Präsident, führte Marktreformen ein, förderte den globalen Neoliberalismus und wurde daher vom westlichen Kapitalismus unterstützt. Er wurde im Iran zunehmend unbeliebt, da er Arbeiterrechte, soziale Gerechtigkeit ignorierte und schwieg, als protestierende Studierende angegriffen und erschossen wurden.
2005 wurde Ahmadinedschad, ein vom Obersten Führer Ayatollah Ali Chamenei geförderter Hardliner, zum Präsidenten gewählt. Er versprach die Öleinnahmen einzusetzen, um die Notlage der Massen zu lindern und die Kluft zwischen arm und reich zu verringern. Er versagte allerdings dabei, merkliche Verbesserungen zu bringen. Drohungen und Sanktionen der USA gegen das iranische Urananreicherungsprogramm nutzte er, um die Aufmerksamkeit von seiner fehlgeschlagenen Wirtschaftspolitik abzulenken.
Heute liegt die Inflation bei über 25 Prozent, ein Viertel der arbeitenden Bevölkerung ist arbeitslos oder unterbeschäftigt und nicht ausbezahlte Löhne sind für ArbeiterInnen an der Tagesordnung. Die iranische Arbeiterklasse ist abermals aufgewühlt. So etwa die ArbeiterInnen des Rohrzuckerunternehmens Haft Tapeh, der Reifenfabrik Kian und die Busfahrer bei Vahed, um nur einige zu nennen, die heldenhafte Kämpfe führten, obwohl sie Haft und Repression fürchten müssen.
Der Bankrott des iranischen Regimes spiegelt sich darin wider, dass der in Misskredit geratene Chatami gerade erst angekündigt hat, dass er bei den diesjährigen Wahlen antreten will (mittlerweile hat er diesen Entschluss zugunsten eines anderen "Reform"-Kandidaten wieder zurück genommen, A.d.Ü.). Unterdessen versucht Ahmadinedschad an der Macht festzuhalten, indem er die Phrasen der Revolution benutzt, um sein Image als „Mann des Volkes“ aufzupolieren.
Da sich die Weltwirtschaftskrise zuspitzt und die Spaltungen innerhalb des iranisch-islamistischen Regimes offener zu Tage treten, wird die iranische Arbeiterklasse erneut ihre Muskeln spielen lassen. Doch ohne den Aufbau einer unabhängigen Arbeiterpartei, die mit Entschlossenheit in den Kampf für eine sozialistische Gesellschaft als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens zieht, wird den Kriegen, der Armut und der Unterdrückung, die die ganze Region erdrücken, kein Riegel vorgeschoben.