Sa 01.04.2000
Seit der Regierungsangelobung der FPÖVP-Koalition sieht sich Österreich mit vehementer Kritik der 14 anderen EU-Länder konfrontiert. Österreich wird „isoliert“, es gibt „Sanktionen“. Die Diskussion über die Legitimität dieser, zum Teil sehr undifferenzierten Maßnahmen und Warnungen vernebelt vielen den Blick für das Wesentliche.
Tatsache ist, daß erstens die Sanktionen sehr willkürlich, oft nicht nachvollziehbar, praktisch völlig ineffektiv und zweitens scheinheilig sind. Schulklassen werden ausgeladen während gleichzeitig die wirtschaftlichen Beziehungen teilweise sogar ausgebaut werden.
Heuchlerische Kritik
Die Proteste der EU-Staaten sind letztlich nicht mehr als Krokodilstränen. Der Großteil der Kritik richtet sich zwar gegen Haiders Sager zum Nationalsozialismus, aber nicht gegen die Politik und Programatik der FPÖ. Wo sind die „humanen Werte“ der EU wenn es darum geht, die Festung Europa aufzubauen und Flüchtlinge abzuschieben? Und wo sind die „demokratischen Prinzipien“, wenn es um die Durchsetzung neoliberaler Politik und dem damit verbundenen Sozialbabbau auf Kosten von Jugendlichen, Arbeitslosen und Beschäftigten geht? In vielen europäischen Ländern sitzen rechtsextreme Parteien im Parlament, werden Flüchtlinge abgeschoben, gibt es Übergriffe auf ImmigrantInnen.
Das macht deutlich, warum nicht die eigentliche Politik der neuen Regierung zum Hauptangriffspunkt der kritischen Stimmen aus der EU wird. Denn die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung entspricht den neoliberalen EU-Vorstellungen: Privatisierung, Liberalisierung, Abbau von Schutzmaßnahmen für ArbeitnehmerInnen... Genau diese Politik ist es, die rechtsextreme Organisationen und Parteien ebnen. Es mag durchaus stimmen, daß mancheR EU-PolitikerIn tatsächlich ehrlich besorgt ist, über das Erstarken der Rechten. Diesen kann der Vorwurf aber nicht erspart bleiben, naiv zu sein. Wer Sozialabbau betreibt und gegen ImmigrantInnen vorgeht darf sich nicht wundern, wenn auf diesem Boden rechtsextreme Gedanken wachsen.
Ein weiterer Grund für ihre Furcht ist die Gefahr, daß eine Stärkung der extremen Rechten im eigenen Land eine Konkurrenz für die altehrwürdigen und zur Zeit angeschlagenen und maroden bürgerlichen Parteien bedeuten würde.
Nationaler Schulterschluss
Der von der Regierung geforderte nationale Schulterschluß gegen die Sanktionen ist zwar nicht zustandegekommen, dennoch bemühen sich SPÖ und Grüne „den Schaden für Österreich“ abzuwenden und sich selbst als die besseren Österreicher, die wahren Patrioten darzustellen. Und verschweigen dabei ebenso, daß auch sie für ähnlichen Sozialabbau und teilweise restriktive AusländerInnenpolitik stehen.
Die Sanktionen der 14 EU-Staaten bringen uns im Kampf gegen diese Regierung nicht weiter. Eine konsequente Isolation dieser Regierung wäre natürlich positiv. Aber die EU ist nur zu einer scheinheilig, willkürlichen und ineffektiven Form in der Lage. Die große Gefahr: Eine besondere Legitimität für diese Regierung, wenn sie die EU-Sanktionen übersteht und diese aufgehoben werden. Schüssel wird sich dann hinstellen und behaupten„nach anfänglichem Widerstand aus der EU haben wir nun gezeigt, was wir können“.
Was tatsächlich wichtig wäre, ist die internationale Solidarität „von Unten“: Es gibt und gab in den letzten Jahren eine Reihe von Inititativen - im Gewerkschafts-, Arbeitslosen und Jugendbereich - in denen auch die verschiedenen Sektionen des CWI eine Rolle spielen und die der Ansatz für Widerstand sein kann, der auch eine Alternative - eine Sozialistische Gesellschaft - anstrebt.