Mo 27.01.2014
Die WKR-Nacht war von zwei großen Faktoren besonders geprägt: Zum Einen die massive Polizeigewalt und zum Anderen Tausende von entschlossenen AntifaschistInnen, die sich dadurch nicht stoppen ließen. Das von der Polizei heraufbeschworene Bedrohungsszenario trat nur insofern ein, dass niemand, außer Rechtsextremen und Nazis, in den ersten neun Wiener Gemeindebezirken vor der Polizei sicher war. Schon im Vorhinein hatte der Staat bewiesen, wie viel ihm dieses Treffen von HolcaustleugnerInnen, AntisemitInnen und anderen Rechtsextremen wert ist. Die Kriminalisierung der Proteste, die Einrichtung der Sperrzone und das damit verbundene Verbot der „Jetzt-Zeichen-Setzen“- Kundgebung am Heldenplatz, die Sperre gegen die JournalistInnen und die Unterdrückung freier Berichterstattung, das ausgeweitete Vermummungsverbot, die Handyüberwachung vor dem Standard-Redaktionsgebäude... schufen ein Klima der Bedrohung und Angst vor den Anti-WKR Protesten. Die Medien und die PolitikerInnen der anderen etablierten Parteien spielten im Wesentlichen mit. Die „linke“ rot-grüne Stadtregierung ließ das alles ohne Mucks passieren. Durchgeführt wurden die Maßnahmen unter einem „roten“ Kanzler. Und das ganze 80 Jahre nach den Februarkämpfen von 1934. Pikanterweise lag auch die Parteizentrale der SPÖ in der Sperrzone – d.h. Mitglieder und UnterstützerInnen der SPÖ durften nicht einmal in ihre eigene Parteizentrale! Die Medien berichteten lieber über ein paar eingeschlagene Scheiben als über tausende friedliche DemonstrantInnen, die massive Polizeirepression und darüber, welch Geistes Kind die TeilnehmerInnen des „Akademikerballs“ eigentlich sind!
Dass die FPÖ-“GewerkschafterInnen“ der AUF auf den Heldenplatz durften, wo JournalistInnen, linke Organisationen und Holocoustüberlebende keinen Zutritt hatten, sollte alle AntifaschistInnen, insbesondere die Gewerkschaften aufrütteln. Außerdem hatte das Platzverbot für JournalistInnen wohl auch den Sinn, die Medienaufmerksamkeit weg von den Rechtsextremen rund um die Hofburg hin zu einzelnen Sachbeschädigungen zu lenken.
Die massive Polizeigewalt hatte nichts mit vereinzelten Sachbeschädigungen zu tun, sowenig sinnvoll diese auch sind. Dies zeigt sich unter Anderem daran, dass DemonstrantInnen bei vollkommen ruhigen Demopunkten immer wieder brutal attackiert wurde. Fern ab jeder gewalttätigen Aktionen wurden am Burgtheater ein friedliches SLP-Mitglied und seine Lebensgefährtin angegriffen, zu Boden geworfen, getreten, mit Handschellen fixiert und nach einem Ausweis durchsucht, ohne ein einziges Mal nach dem Namen oder nach einem Ausweis gefragt zu werden. Zahlreiche blaue Flecken zeugen von der Polizeibehandlung. Aktion wie diese gab es am Freitagabend unzählige. Sie passen zu der von der Wiener Polizeiführung und dem Innenministerium gewählten Eskalationsstrategie. Die Repression im Vorfeld hat vollkommen unnötig eskaliert. Die Polizeigewalt hätte es in jedem Fall gegeben. Sie war keine Reaktion auf allfällige Gewalt von DemonstrantInnen sondern die Konsequenz der politischen Entscheidung die Proteste zu unterdrücken.
Zum ersten Mal seit längerem kam es sogar zum Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern, die Knüppelattacken und die exzessive Verwendung von Pfefferspray nicht zu vergessen. Es war ein unglaublicher Skandal, der aber die richtige Antwort tausender AntifaschistInnen fand: Statt sich einschüchtern zu lassen, gab es die stärkste Demonstration gegen den WKR-Ball überhaupt. Ca. 5.000 zogen zunächst von der Uni am Schottentor zum Stephansplatz, um von dort aus auszuschwärmen und an den Blockaden teilzunehmen. Das Konzept der Polizei ging also nicht auf, das Konzept der Offensive gegen Rechts, der auch die SLP seit Beginn an angehört, schon. Statt wie noch im Jahr 2008 mit 2500 TeilnehmerInnen und 2013 mit 750 kamen diesmal nur lächerliche 400 zum Ball. Ein vor Allem politisches, aber auch finanzielles Fiasko für die Rechtsextremen! Das ist das Ergebnis einer jahrelangen Kampagne, einer breiten antifaschistischen Mobilisierung und des politischen Drucks, den wir gemeinsam aufgebaut haben.
Unsere Solidarität gilt den zahlreichen Verletzten und Verhafteten des Polizeieinsatzes, der wohl weit über den WKR hinaus relevant ist. Die Polizei wollte testen, wie weit sie gehen kann, ähnlich wie die Hamburger Polizei mit ihrem „Gefahrengebiet“. Das geht nicht nur die DemonstrantInnen und BlockiererInnen vom 24.01. etwas an, sondern Alle, die sich an Protesten und sozialen Bewegungen beteiligen. Insbesondere Gewerkschaften sind gefragt, laut gegen die Polizei zu protestieren. Im Widerstand gegen die Krise und das aktuelle sowie alle noch folgenden Sparpakete wird die Gewalt als nächstes auch GewerkschafterInnen treffen. Vor dem Hintergrund der sich immer weiter verschärfenden Krise und wachsender Arbeitslosenzahlen sowie immer geringerer Reallöhne können künftig selbst früher ruhige Demos zu KV-Verhandlungen usw. solcher Polizeigewalt begegnen.
Der extremen Rechten ist insofern ein Sieg gelungen, als sie große Teile von Wien in einen Polizeistaat verwandelt haben. Hier hat sich in der Praxis gezeigt, wie ihre Politik von „Law and Order“ aussieht. Doch es ist ein kurzer und schaler Sieg, da der Aufschrei über den Bruch demokratischer Grundrechte weit über die Kreise der Linken hinaus geht. Der breit aufgegriffene Ruf nach dem Rücktritt des verantwortlichen Polizeivertreters Pürstl ist nur ein Indiz dafür. Hier müssen wir ansetzen und politisch in die Offensive gehen.
Mit der diesjährigen Mobilisierung ist ein wichtiger Schritt für den Antifaschismus in Österreich genommen. Dass „Jetzt-Zeichen-Setzen“ aufgrund des Platzverbotes am Heldenplatz ihre Kundgebung absagte ist für uns nicht nachvollziehbar – und ein Zeichen der Schwäche dieser Form des Antifaschismus. Besser und wirkungsvoller wäre eine „wir lassen uns nicht verweisen“ Kundgebung/Demonstration gewesen bzw. eine offizielle Teilnahme und Unterstützung für die OGR-Demonstration. Doch die und ersatzlose Absage der Kundgebung hatte immerhin den Effekt, dass auch viele, die ursprünglich dorthin wollten an der Offensive-Demo teilnahmen. Besonders bemerkenswert und motivierend für die Proteste waren die Redebeiträge von Rudolf Gelbard, Holocaustüberlebender des KZ Theresienstadt und sozialdemokratischer Freiheitskämpfer. „Es gilt die Losung aus dem Spanischen Bürgerkrieg - No Pasarán! Sie kommen nicht durch!“ rief er uns zu und läutete so die Blockaden ein.
Für kommende Mobilisierungen heißt es umso mehr weitere Organisationen und AktivistInnen einzubinden. Die Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) hatte schon letztes Jahr den Anfang gemacht und auch für die Demo der Offensive gegen Rechts aufgerufen. Im kommenden Jahr wollen wir - gemeinsam mit der Gewerkschaft BauHolz und anderen antifaschistischen GewerschafterInnen, mehr Aktionen setzen um GewerschafterInnen, insbesondere BetriebsrätInnenl zu erreichen. Angesichts der massiven Einschränkung der demokratischen Rechte am 24.1 und der Gefahr, die von der FPÖ ausgeht, ist der gemeinsame Kampf von migrantischen und österreichischen ArbeiterInnen ein Gebot der Stunde. Es ist daher gut, die Gewerschaft Bau Holz im Bündnis zu haben. Der ÖGB fordert u.a. aktuell „Eine aktive antifaschistische und antirassistische Politik“ - eine Forderung der er selbst rasch nachkommen sollte. Ein starker GewerschafterInnenblock mit der GBH und anderen Gewerkschaften und führenden GewerkschafterInnen an der Spitze bei der nächstjährigen Demonstration gegen den WKR-Ball wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Nur so lässt sich dem braunen Schmuddelball endlich der Gar aus machen.