Steuerreform für die Reichen

Nicht „weniger Dreck in der Luft, aber mehr Geld im Geldbörsel“ der Konzerne
Jan Millonig

Die Regierung versucht uns die vorgestellte Steuerreform als großen Wurf und „historische“ Wende zu verkaufen. Tatsächlich wird schnell klar: Es ist vor allem ein weiteres Geschenk an Unternehmen und Konzerne. Von der Lohnsteuersenkung profitieren vor allem Besserverdiener*innen und der "Dreck in der Luft" (Kogler) wird durch diese CO2-Bepreisung auch nicht weniger. Man kann es schönreden, wie man will, aber hier wird deutlich wie wenig die Grünen tatsächlich für das Klima erreichen und wie sehr sie einfach nur ÖVP-Politik zur Umsetzung verhelfen.

Solange wir das System nicht ändern, wird sich die Klimabilanz nicht ändern.

Eine CO2-Steuer kommt, aber klimaschädliche Subventionen (wie z.B. das Diesel- und Kerosin-Privileg) von jährlich bis zu 4,7 Milliarden Euro bleiben. Geplante Investitionen für einen ökologischen Umbau fallen nur sehr gering aus. 500 Millionen Euro Fördergeld für den Austausch von Heizkessel sind da eher ein Tropfen auf dem heißen Öl-Ofen. So wird Österreich die ohnehin zu niedrigen Klimaziele der EU nicht erreichen und deshalb bis 2030 bis zu 9,2 Milliarden (!) Euro Strafe zahlen müssen. Ganz abgesehen von den Schäden durch Überschwemmungen und andere Katastrophen.

Das zeigt wie aussichtslos der Versuch ist die Klimakrise auf Basis des kapitalistischen Systems zu bekämpfen, das sie überhaupt erst produziert hat. Ohne einen Bruch mit einem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem in der die Profite von Banken und Konzernen immer an erster Stelle stehen werden ist Klimaschutz unmöglich. So ein Bruch kann sicher nicht durch die Marionetten dieser Banken und Konzerne in den etablierten Partei kommen, sondern nur von unten durch eine Klimabewegung, die keine Angst vor “radikalen Forderungen” hat (also die Probleme an der Wurzel packt) und auf die Mobilisierung der Arbeiter*innenklasse setzt.

Das Problem mit der CO2-Steuer: There is no „Lenkungseffekt“!

Wir lehnen allgemeine CO2-Steuern ab, weil sie einerseits nicht effektiv genug sind, um das Klima zu retten und andererseits die Kosten für die Klimakrise nicht bei den Verursachern, sondern bei Arbeiter*innen und Jugendlichen abladen.

Wir empfehlen diesen weiterführenden Artikel: https://www.slp.at/artikel/k%C3%B6nnen-co2-steuern-das-klima-retten-9785

Doch sogar innerhalb der Logik von CO2-Steuern ist der Vorstoß der Bundesregierung wirkungslos. Selbst die Befürworter*innen, wie Umweltschutzorganisationen, sind sich einig: Diese CO2-Bepreisung wird keinen „Lenkungseffekt“ haben, weil zu niedrig.

Beim jetzigen Modell zahlt ein durchschnittlicher Haushalt 99 Euro CO2-Steuer, rechnet das Finanzministerium vor. Bewohner*innen ländlicher Regionen werden aber bis zu 200 Euro „Klima-Bonus“ zurückbekommen. Selbst wenn die realen Kosten etwas höher ausfallen, würden Menschen, die am Land leben und weiter mit dem Auto fahren, sogar mit einem Plus aussteigen. Selbst nach der schrittweisen Erhöhung des CO2-Preises bis 2025 wäre (lt. BMF) die durchschnittliche Mehrbelastung immer noch „nur“ 182 Euro und der Klimabonus soll ab 2023 auch noch ansteigen.

Aber auch ein höherer CO2-Preis wird keine Veränderung bringen. Denn ohne Alternativen und gesamtgesellschaftliche Veränderungen haben die wenigsten die Möglichkeit ihre Mobilität, ihr Konsumverhalten oder ihre Wohnverhältnisse zu verändern. Die notwendigen strukturellen Maßnahmen und Investitionen werden bestenfalls angekündigt (Stichwort: Öffi-Ausbau, Austausch von Öl-Heizungen, Gebäudesanierung usw.). Deren Umsetzung wird erst sehr viel später und nicht ausreichend sein.

Derweil wird eine CO2-Steuer einfach an die Konsument*innen, die nicht ausweichen können, weitergegeben. Denn wenn Waren nicht anderes produziert und transportiert werden, müssen die Kund*innen den dabei entstandenen CO2-Ausstoß zahlen. Wenn öffentliche Verkehrsmittel (vor allem am Land) nicht ausgebaut und zugänglicher gemacht werden, sind (nicht nur) Pendler*innen gezwungen mehr für Benzin zu zahlen. Mieter*innen können die Heizform in ihrer Wohnung nicht beeinflussen, können die Heizung im Haus nicht umbauen, aber werden höher Heizkosten zu tragen haben.

Alles in allem wälzt eine CO2-Steuer die Verantwortung einfach nur auf das Individuum ab. Erzeugt aber gleichzeitig keinen nennenswerten Lenkungseffekt, ist also nur eine Belastung für die Allgemeinbevölkerung.

Währenddessen bleiben die Verursacher des CO2-Ausstoßes, jene die umweltschädlich wirtschaften oder Profite mit fossilen Brennstoffen machen, unangetastet. Die Bundesregierung will sogar Unternehmen, mit besonders hohem Energie- bzw. CO2-Verbrauch, durch Ausnahme- und „Härtefallregelungen“ begünstigen.

Warum wird die “Strafe” für Unternehmen so dermaßen abgeschwächt? Warum gibt es nicht umgehkehrt Preis- und Mietzinsbeschränkungen, um zu verhindern das die Steuer 1:1 weitergegeben wird, oder die Verpflichtung für Vermieter*innen Öl-Heizungen auszutauschen ohne die Kosten auf die Mieter*innen abzuwälzen?

Notwendig wären vor allem strukturelle Maßnahmen, wie ökologische Sanierung von Wohnungen, und Eingriffe in die Wirtschaft, um auf umweltfreundliche Produktionsweisen umzustellen. Doch solange ihre Profite nicht in Gefahr sind werden das Konzerne selbst nicht tun. Nur eine demokratische Gesamtplanung der Wirtschaft gibt uns die Möglichkeit, diese nach den Interessen der Gesellschaft zu gestalten. Ein erster Schritt kann sein, Unternehmen wie die OMV oder die AUA, zu verstaatlichen und unter demokratische Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten und Gesellschaft zu stellen.

Steuersenkungen: Wohlhabende und Konzerne bekommen viel, niedrige Einkommen wenig

Der wesentliche Effekt dieser Steuerreform ist schnell erklärt: Die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) auf 23 % ist ein Geschenk an große Unternehmen und Konzerne, auf Dauer 774 Millionen Euro pro Jahr. Von der Lohnsteuersenkung profitieren vor allem mittlere und bessere Einkommen. Das eigentliche Ziel der ÖVP ist voll erfüllt. Es gibt zwar auch Entlastungen für geringere Einkommen, wie z.B. die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, aber diese fallen in absoluten Zahlen viel geringer aus, also werden kaum ankommen und schaffen andere Probleme (siehe weiter unten).

Frauen weiter benachteiligt

Frauen profitieren im Durchschnitt von Lohnsteuersenkung und Familienbonus-Erhöhung insgesamt nur halb so viel wie Männer, weil sie tendenziell niedrigere Einkommen haben. Laut einer AK-Modellrechnung bekäme eine Arbeiter*innenfamilie mit 3 Kindern mit dem neuen Familienbonus nur 308 Euro im Jahr mehr, eine Besserverdiener*innen-Famile 1.715 Euro, eine Alleinerziehende mit 1.000 Euro Bruttoeinkommen überhaupt nur 438 Euro. Arbeitslose und Mindestsicherungsbezieher*innen bekommen keinen Bonus. Damit gehen mehr als 160.000 Kinder weiterhin leer aus (Stichwort: „Kampf gegen Kinderarmut“!?).

ÖVP-Klientelpolitik

Ein Muster wird deutlich: Abgesehen von der Entlastung für „die Wirtschaft“ gewinnt vor allem eine ländliche gutverdienende Bevölkerungsschicht mit Eigenheim. Sie trifft die CO2-Steuer kaum, weil der Klimabonus für ländliche Regionen mit bis zu 200 Euro die Belastungen wahrscheinlich wieder aufheben wird und sie weniger oft auf veraltete Heizsysteme angewiesen sind. Mit der vorgeschlagenen CO2-Steuer werden die Preise für Heizöl sogar stärker ansteigen als die für Benzin. Das wird vor allem Mieter*innen (in der Stadt) belasten, bei gleichzeitig geringerem Klimabonus (100 €). So werden vor allem ärmere Haushalte in älteren Wohnungen noch mehr für die Miete zahlen müssen.

18 Milliarden Euro „Entlastung“ klingt schön, aber wer ersetzt uns dieses Geld?

Niemand! Die Steuersenkungen werden ein unwiederbringliches Loch in das Budget reißen und das Defizit (von der Corona-Krise) weiter erhöhen. Auf die Frage wie dieses Geld ersetzt werden soll, antwortet Finanzminister Blümel: „Durch Wirtschaftswachstum“. Doch wir wissen, dass der Aufschwung auf Sand gebaut ist (lies: https://www.slp.at/artikel/wohin-führt-der-aufschwung-10492). Außerdem wurden insgesamt schon 40 Milliarden Euro an Corona-Hilfen ausgezahlt und viele Unternehmen und Konzerne haben während der Krise sogar Gewinne gemacht. Am Geld mangelt es in der Wirtschaft gerade nicht, sondern an rentablen Investitionsmöglichkeiten. Die der Wirtschaftskrise zugrundeliegenden Widersprüche sind andere, wie Überproduktion und sinkende Profitraten. Auch die “Erhöhung der Kaufkraft” wird bei weitem nicht ausreichen. Unter anderem auch weil hier vor allem mittlere und höhere Einkommen begünstigt werden. Der Konsumeffekt aber unter niedrigeren Einkommensschichten stärker ist.

Wir müssen also erwarten, dass diese Summen, um die man den Staat jetzt zu Gunsten von Reichen und Konzernen erleichtert hat, anderswo wieder eingebracht werden. Denn erklärtes Ziel auch dieser Regierung ist es, die Schuldenquote wieder zu senken.

Sparpolitik wird noch kommen - Widerstand auch!

Versprochen wurden uns Dinge wie eine Pflegereform oder Investitionen in Bildung, kommen werden Kürzungen genau in diesen Bereichen. Alleine durch die Senkung der Krankenversicherungssbeiträge wird die Sozialversicherung 850 Millionen Euro verlieren. Die Bundesregierung behauptet zwar diese zu ersetzen, aber das glauben wir erst, wenn es soweit ist. Wahrscheinlicher ist eine weitere schleichende Reduktion der öffentlichen Ausgaben.

Dem müssen wir konsequenten Widerstand in allen betroffenen Bereichen (Pflege, Krankenhäuser, Sozialbereich, Schulen, Arbeitslosengeld usw.) und auf allen Ebenen, ob Länder, Gemeinden oder Bund, entgegenstellen. Die Gewerkschaften sollten die Steuerreform nicht nur kommentieren, sondern endlich bundesweit Proteste organisieren und klar machen: Wir zahlen nicht für eure Krise!

Die Krisen-Gewinner sollen zahlen, nicht jene Menschen, die am meisten unter ihr leiden. Denn die Corona-Pandemie hat die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert, weil viele mit weniger Einkommen auskommen mussten und wenige ihren Reichtum sogar vergrößern konnten. Deshalb wäre eine Besteuerung der Reichen und Konzerne zur Finanzierung von Gesundheit, Klimaschutz und Bildung ein erster Schritt in die richtige Richtung!

Die Steuerreform zeigt das ganze Elend der etablierten Politik: in einer der tiefsten Krisen des Kapitalismus, die unseren Planeten zerstört und immer mehr Menschen in die Armut treibt, bekommen wir eine für das Klima nutzlose CO2-Steuer und Entlastungen für Wohlhabende und Konzerne. Komme was wolle: diese Politik wird niemals in unserem Interesse handeln. Echte Verbesserungen müssen wir uns selber erkämpfen. Dafür brauchen wir die Mobilisierung von Arbeiter*innen und Jugendlichen rund um ein Programm, dass die Interessen von Arbeiter*innen und Jugendlichen ins Zentrum rückt und dafür die Superreichen und Konzerne zu Kasse bittet.

 

Bildrechte: Die Grünen Österreich, CC BY 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/2.0>; Michael Lucan, CC-BY-SA 3.0 de <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode>