Mi 06.11.2013
Über Merkels – vermeintlichen – Triumph wären an dieser Stelle ein ganzes Bündel an kritischen Bemerkungen fällig: Schwarz-Gelb klar abgewählt, Wahlbeteiligung weiter im Keller, fast 15 Prozent für Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind uvm. Aus europäischer Perspektive erscheinen demgegenüber v.a. zwei Aspekte wichtig. (1) Die künftige Stabilität der EU-Führungsmacht Deutschland und (2) die Perspektiven für die Linkspartei.
Das zentrale Thema Europas – die EURO-Krise – spielte nämlich in der Wahl-Kampagne der Union keine Rolle. Deutschland unter Merkel als Hort der Sicherheit in schwierigen Zeiten lautete die Parole. Sozialdemokratie und Grüne, die ähnlich wie in Österreich jede Bankenrettung und alle EU-Spardiktate brav mitgetragen hatten, wirkten demgegenüber aus begreiflichen Gründen als „Alternative“ profillos. Die kommende Periode wird allerdings die Auswirkungen der EURO-Krise schmerzhaft auch in die noch relativ stabilen EU-Staaten spülen. Demgegenüber steht künftig in Deutschland eine Koalition, die sich vor allem von ihrer inneren Chemie her von der langjährigen Liebesehe aus Union und FDP abheben wird. Lustige Intrigenspiele sind in jeder realistischen Farbenkombination vorprogrammiert. Zudem ist das relativ gute Abschneiden der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ ein Hinweis darauf, dass die Skepsis gegenüber dem grundsätzlichen Kurs der EU gerade auch in Deutschland bereits enorm ist. Dies betrifft freilich nicht nur Teile der deutschen Bourgeoisie – welche zumindest mit den Inhalten der AFP sympathisieren – sondern in erster Linie ArbeitnehmerInnen und Jugendliche.
Die Linkspartei hat sich in diesem Wahlkampf hier mit einem etwas schärferen Profil als Anti-Banken-Partei profilieren können und verfügt – trotz Verlusten gerade auch an die AFP – als drittstärkste Kraft an sich über keine schlechte Ausgangsbasis. Die zentrale Frage lautet allerdings, ob sich die Linkspartei in den nächsten Jahren als Systemalternative verankern kann, also in den sozialen Auseinandersetzungen, welche aus der EURO-Krise folgen, eine tragende Rolle spielen wird. Oder ob sie mit Blick auf eine künftige Regierungsbeteiligung auch im Bund bereit ist, Sozialabbau mitzutragen oder z.B. Auslandseinsätze der Bundeswehr zu unterstützen.