Mi 01.04.1998
Der Kampf um die Dauer und Einteilung der Arbeitszeit ist seit der Entstehung der ArbeiterInnenbewegung eines ihrer zentralsten Elemente. Neben dem Lohnkampf trifft sie einen Kernbereich des Interessenskonflikts zwischen Unternehmern und ArbeitnehmerInnen. So ist die Forderung nach einer Verkürzung der Arbeitszeiten so alt wie die Gewerkschaftsbewegung selbst.
Der 1. Mai wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Kampftag für den 8-Stunden-Tag weltweit organisiert. Der Kampf gegen die unerträglichen Arbeitsbedingungen, wo Arbeitszeiten von 12 bis 16 Stunden täglich die Regel waren, stellte eine erste Hauptaufgabe der ArbeiterInnenbewegung dar. In Österreich wurde der 8-Stunden-Tag in der revolutionären Situation nach dem 1. Weltkrieg errungen. Und so wie die anderen Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung, von 1918-1921, standen auch die kürzeren Arbeitszeiten auf der Abschußliste der Unternehmer und der Reaktion. Der austrofaschistische Ständestaat führte 1933 nach der Ausschaltung des Parlaments Verlängerungen der Arbeitszeit von Angestellten und Beschäftigten in den Dienstleistungsbranchen durch. Die Nazis führten noch vor Beginn des 2. Weltkrieges wieder den 9-Stunden-Tag ein. Daraufhin wurde teilweise die „unbeschränkte Arbeitswoche“ legalisiert und die Länge der Arbeitszeit völlig dem Unternehmer anheimgestellt. In den Rüstungsbetrieben wurde oft 12 Stunden täglich gearbeitet - ganz abgesehen natürlich von den unglaublichen „Arbeits“-Bedingungen in den KZ’s und den tausenden „FremdarbeiterInnen“.
Bedeutende Durchbrüche in der Senkung der Wochenarbeitszeit gelangen erst im langen Nachkriegsaufschwung: 1959 wurde die Arbeitszeit von 48 auf 45 Stunden pro Woche verkürzt. 10 Jahre später wurde ein Generalkollektivvertrag zur etappenweisen Verkürzung der Arbeitszeit von 45 auf 40 Stunden bis zum Jahr 1975 vereinbart.
Bis in die 70er Jahre war das Hauptmotiv für die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung die Hebung des Lebensstandards. Seit der Weltwirtschaftskrise 1974/75 steht die Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle ArbeitnehmerInnen im Vordergrund. 1987 beschloß der 11. ÖGB-Bundeskongreß einstimmig die Forderung nach der 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich.
Die bisherigen Arbeitszeitverkürzungen wurden alle bei vollem Lohnausgleich durchgeführt, das heißt die Stundenlöhne wurden so angehoben, daß die ArbeitnehmerInnen keine Lohneinbußen hinnehmen mußten. Parallel zu den Arbeitszeitverkürzungen von 48 auf 45 und von 45 auf 40 Stunden wurden die Reallöhne zwischen 1958 und 1975 verdoppelt.
Es zeigt sich daher, daß die Arbeitszeitverkürzung nicht in erster Linie davon abhängt, ob sie die Wirtschaft „verkraftet“, sondern wie das Kräfteverhältnis zwischen Gewerkschaft und Unternehmern liegt. Im EU-Vergleich hat bezeichnenderweise das wirtschaftlich stärkste Land, die BRD, die kürzesten Jahresarbeitszeiten. Eine weitere Arbeitszeitverkürzung steht längst an. Durch die Zunahme der Produktivität hat sich der Arbeitsdruck und die Arbeitsbelastung in den letzten Jahren enorm erhöht.
Die Tatsache, daß die 80er und frühen 90er Jahre von steigenden Beschäftigungs- und Arbeitslosenzahlen gekennzeichnet waren, zeigt, daß es mehr Leute als früher gibt, die auf den Arbeitsmarkt drängen bzw. auf ihn angewiesen sind, ohne daß es ein entsprechendes Angebot an Arbeitsstellen gibt.