Mo 12.03.2018
Das Jahr 2018 ist ein Gedenkjahr für viele Ereignisse wie 1848, 1918, 1938 oder auch 1968. Viele fragen sich: wie wird die schwarz-blaue Regierung damit umgehen? Und wie gehen die Regierungsparteien mit ihrer eigenen Vergangenheit um?
Die Geschichte beider Parteien ist verbunden mit faschistischen Diktaturen. Die ÖVP ist Erbin der Christlichsozialen Partei und damit auch der austrofaschistischen Diktatur unter Dollfuß und Schuschnigg. Die FPÖ ging bei ihrer Gründung 1955 aus dem VdU hervor, einem Sammelbecken von ehemaligen Nationalsozialisten, dem Landbund und der Großdeutschen Volkspartei. Lange Zeit erreichte sie nur um die 6% der Stimmen, versuchte sich aber immer wieder als Zünglein an der Waage für die beiden Großparteien anzubieten. Erst in den achtziger Jahren gelang es ihr unter Jörg Haider zu einer modern auftretenden rechten Partei aufzusteigen. Doch sie arbeitet immer eng mit deutschnationalen Burschenschaften zusammen und bezog einen großen Teil ihres Personals aus ihnen, der die Ideologie der FPÖ prägte. Diese elitären Geheimgesellschaften waren schon 1918 gegen die Republikgründung und begrüßten 1938 den Anschluss. Seit 1968 versuchen sie, die seit damals errungenen Fortschritte in der Gesellschaft zurückzunehmen und ihre erzkonservative Weltanschauung durchzusetzen. Ihr Weltbild basiert auf deutschnationalem Gedankengut, das alleinig Segen für die Welt bringen soll. Historisch verstehen sie sich als Abwehr der „slawischen Gefahr“, und endlos ist die Kette von „Einzelfällen“ von Antisemitismus und Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus. In den letzten Jahren tauschten sie das Feindbild „Jude“ gegen „Islam“ aus und treten gegen Migration und Flüchtlinge auf. Ihr Familienbild basiert auf der Unterordnung von Frauen, deren zentrale Aufgabe die „Produktion“ von deutschstämmigen Kindern ist.
Das Familienbild der ÖVP ist ähnlich. Die jahrzehntelange ÖVP-Kaderschmiede CV ist auch ein Männerverein, der u.a. das Verbot der Abtreibung fordert. Die neue „Menschenrechtssprecherin“ der ÖVP, Kugler, ist eine reaktionäre christliche Fundamentalistin. Phrasen wie „die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft“ ähneln dem Denken der Burschenschaftler. Für Frauen gilt wie schon im Austrofaschismus „K-K-K“: Kinder, Küche, Kirche. Wirtschaftlich sind ÖVP und FPÖ neoliberal.
Unter dem Druck der Liederbuchaffäre soll nun eine „Historikerkommission“ die Geschichte der FPÖ aufarbeiten. Zugang und Zusammensetzung sind unwissenschaftlich. Ihr Leiter Wilhelm Brauneder war schon als Dekan der Juristischen Fakultät eine äußerst umstrittene Persönlichkeit, mit einem „Abgrenzungsproblem zur extremen Rechten“ (profil), die gerade bezüglich der Geschichte des Nationalsozialismus Probleme mit der „offiziösen Geschichtsschreibung“ hat. In der Steuerungsgruppe, die aufpasst, dass nichts Unangenehmes rauskommt, sitzen Teutonen und Olympen. Eine Alibiaktion mit dem Ziel, sich selbst einen Persilschein auszustellen.
Auch die ÖVP hat ihre eigene Geschichte keineswegs aufgearbeitet. Der Austrofaschismus wird oft immer noch beschönigend als „Ständestaat“ bezeichnet, vielleicht zugegeben, dass er schon auch „autoritär“ war. Der Arbeitermörder Dollfuß, der das Parlament ausschaltete und linke Parteien und Gewerkschaften verbot, wird zum „Kämpfer gegen den Nationalsozialismus“ hochstilisiert, weil er im Machtkampf zwischen österreichischem und deutschem Faschismus unterlag.
Beiden Parteien ist ein problematischer Umgang mit der eigenen bzw. der Geschichte des Faschismus gemeinsam. Hier ist zu befürchten, dass sich das auch beim Umgang mit den großen Themen des Gedenkjahres 2018 zeigt: es droht die Verharmlosung von Verbrechen beider faschistischer Systeme und eine Konzentration auf psychologische Erklärungen anstatt auf die Rolle und Verantwortung von Wirtschaft und Kapital.
Aber gibt es angesichts der Regierungsparteien und ihrer Vergangenheit eine Renaissance des Faschismus? Es ist nicht zu erwarten, dass ÖVP und FPÖ auflösen, wie es Dollfuß am 5.3.1933 tat, oder den Anschluss an Deutschland vollziehen. Doch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Krise und der Legitimationskrise der bürgerlichen Demokratie sind Angriffe auf demokratische Errungenschaften geplant. Mehr Überwachung, Entmachtung von Betriebsräten, Gewerkschaften und Arbeiterkammern und autoritäre Durchgriffsrechte Einzelner in Parteien und Ministerien zeigen die Richtung an. Viele soziale Errungenschaften sollen am Altar des Neoliberalismus geopfert werden – und um die unpopulären Maßnahmen zu verteidigen, wird die Regierung immer mehr auf autoritäre Maßnahmen setzen.