Lange haben wir nichts gehört in den Mainstreammedien vom „Klassenkampf“. Doch in letzter Zeit empört sich die Wirtschaftsseite häufiger über den „einseitig geführten Klassenkampf“ (Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner über die AK). Für den Chef der Industriellenvereinigung Sorger ist derselbe gar „anachronistisch“. Der ÖGB beeilt sich zu beruhigen, man wolle nur auf Ungerechtigkeiten hinweisen und am liebsten zu einer „sachlichen Diskussion zurückkehren“ (ÖGB-Präsident Fogler).
Vorwärts 205 - Februar 2012
Artikel in dieser Ausgabe:
Die Regierung spart bei Gesundheit, will bei ÖBB und im Öffentlichen Dienst Personal abbauen, die Notstandshilfe kürzen – und länger arbeiten sollen wir auch. Ein Rezept für Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut. Schon jetzt gilt man mit 50 als unvermittelbar: Einsparungen bringt eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit also nur, wenn auch bei den Arbeitslosen gekürzt wird. Die Regierung hetzt gegen FrühpensionistInnen, will ein Bonus-Malus-System. Aber Arbeit macht im Kapitalismus krank – selbst ohne Einsparungen im Gesundheitssystem.
2003 wurde mit der„Pensionsreform“ bei Pensionen gekürzt. Begleitet wurde das von einer massiven Kampagne für das 3-Säulen-Modell, also private und betriebliche Pensionsvorsorge. Hintergrund: Die Finanzmärkte wollten den Pensionsmarkt als neues, lukratives Investitionsfeld. Geld, um das Viele, die in Pensionsfonds eingezahlt haben, nun in der Krise umgefallen sind. Die Pensionskassen mussten 2011 Verluste von mindestens 15 Millionen zugeben, bei den Betriebspensionen gibt es 2012 für 70% der BezieherInnen eine Kürzung.
„Derzeit bleiben die Frauenpensionen auch aufgrund des niedrigeren Pensionsantrittsalters hinter jenen der Männer zurück. Frauen werden ab Erreichen des niedrigeren Regelpensionsalters aus dem Arbeitsmarkt gedrängt und in die Pension gezwungen. Dadurch gehen wertvolle Beitragsmonate verloren.“ (Bundeskanzleramt - SPÖ) Die Verlängerung der Arbeitszeit für Frauen als Schritt in Richtung Gleichberechtigung zu verkaufen ist widerlich.
Michael Genner, der Obmann von Asyl in Not schätzt, dass es mindestens soviel AsylwerberInnen im schulpflichtigen Alter wie Schulen gibt. Brigitte Kugler, Lehrerin am PG XVIII in Wien 18 meint dazu: „Das bedeutet, dass wir LehrerInnen, vielleicht nicht gleich heute oder morgen, aber doch mit einiger Wahrscheinlichkeit, damit konfrontiert werden könnten, dass unsere eigenen SchülerInnen plötzlich aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld gerissen werden, die Klasse verlassen müssen und in ein Land zurückgeschickt werden, das sie vermutlich nicht mehr als ihre Heimat betrachten.“
Langsam werden die Kürzungspläne der Regierung bekannt. Und flux sollen sie auch schon beschlossen werden. Das macht von Regierungsseite aus gesehen Sinn: Je kürzer die Zeit zwischen Bekanntwerden der Angriffe und ihrem Beschluss ist, umso schwerer ist es, Widerstand zu organisieren.