Eine Krise in der International Socialist Alternative (ISA)

 

 

 

Die ISA Österreich hat dieses Jahr die Entscheidung getroffen, unsere bisherige internationale Organisation - die International Socialist Alternative - zu verlassen. Der Grund dafür ist ein inakzeptables Fehlverhalten im Umgang Sexismus und Diskrimminierung in der Organisation. Unsere Austrittserklärung findet sich hier. Doch im folgenden veröffentlichen wir eine ausführliche Erklärung zu dem konkreten Fall und haben im Anschluss eine kurze Stellungnahme im Bezug auf die Rolle der österreichischen Sektion hinzugefügt.  

 

 

Eine Krise der International Socialist Alternative (ISA)

Inhaltswarnung: Missbrauch, Verrat an Überlebenden von Missbrauch

Originaltext: https://www.socialistparty.ie/2024/04/a-crisis-in-international-socialis...

Diese Erklärung wird von der Fraktion zum Schutz vor Sexismus und anderer Diskriminierung innerhalb der Organisation (im weiteren: “Safeguarding”), sozialistischem Feminismus und interner Demokratie (SSFID) herausgegeben, einer organisierten Opposition innerhalb der Internationalen Sozialistischen Alternative (ISA). Sie wurde von Mitgliedern in den führenden Gremien der ISA initiiert, die, seit sie von katastrophalen Fehlern im Safeguarding erfahren haben, die wir im Folgenden skizzieren. Darüber hinaus kämpfen wir dafür, das starke Bekenntnis zum sozialistischen Feminismus in Worten und Taten wiederherzustellen, ohne welchen eine internationale revolutionäre sozialistische Organisation nicht aufgebaut werden kann. 

Im letzten Jahr ist in der ISA eine Krise ausgebrochen, weil eine Landesorganisation (im weiteren: Sektion) versagt hat, auf sehr schwere Missbrauchsvorwürfe gegen ein damaliges Mitglied zu reagieren, was noch dadurch verschlimmert wurde, dass Teile unserer internationalen Führung dieses Fehlverhalten unterstützten. Auch wenn die Unterzeichner*innen dieses Statements sich energisch gegen diese Entscheidungen gewehrt haben, müssen wir uns öffentlich damit auseinandersetzen, dass dieses Versagen und ein enormer Schaden durch unsere internationale Organisation verursacht wurde. Wir möchten uns aufrichtig und von Herzen bei den Betroffenen und all jenen entschuldigen, die in diesem Prozess geschädigt wurden, und für die unzumutbare Zeit, die es gedauert hat, zu diesen Schlussfolgerungen zu gelangen.

Das Bedürfnis, sich für den verursachten zusätzlichen Schaden zu entschuldigen, sowie die Überzeugung, dass eine gesunde sozialistische Arbeiter*innenorganisation nicht wachsen kann, indem sie ihre Verfehlungen verheimlicht, bringt uns zu diesem öffentlichen Eingeständnis. Doch etwas mehr als die Hälfte der Mitglieder der gewählten Führungsgremien der ISA haben sich dagegen entschieden eine solche ehrliche Erklärung, in der das Versagen anerkannt und Reue ausgedrückt wird, abzugeben und damit auch die Ideen, die dahinter stehen: sozialistischer Feminismus als integraler Bestandteil unseres Marxismus und seine konsequente Anwendung in Form eines Safeguarding-Konzepts für die Opfer und Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt. 

Missachtung sozialistisch-feministischer Grundsätze

Die Untersuchung und ihr Ergebnis, die sich auf sehr schwerwiegende und erschütternde Missbrauchsvorwürfe gegen ein führendes Mitglied bezog, wurde in einer Weise gehandhabt, die gegen den internationalen Leitfaden im Umgang mit Sexismus und anderer Diskriminierungen in der ISA verstößt und dabei versagt, unsere Analyse der Dynamiken von Missbrauch und geschlechtsspezifischer Unterdrückung in die Praxis umzusetzen sowie dem Wohlergehen der beschwerdeführenden Person und der Sicherheit der Organisation insgesamt für Frauen, marginalisierte und unterdrückte Menschen Priorität zu geben. 

Daher ist dieses Versagen weit mehr als ein Verfahrensfehler, sondern verletzt den Kern unserer politischen Grundsätze. 

Der Leitfaden der ISA im Umgang mit diesen Themen unterstreicht die Notwendigkeit, dass Mitglieder mit Führungsverantwortung höchsten Ansprüchen an Verhaltensweisen und Professionalität genügen müssen. Stattdessen konzentrierte sich die ursprüngliche Untersuchung darauf, die Schuld „ohne begründeten Zweifel“ festzustellen, wobei die Beweise gegen das empfundene Risiko, ein langjähriges Mitglied zu verlieren, abgewogen wurden. Eine solche Vorgehensweise verstößt direkt gegen unseren Leitfaden, der besagt: 

“Die Grundlage dafür, dass ein Führungsgremium nach Abschluss einer Untersuchung Maßnahmen ergreift, ist nicht die Frage, ob ein „Schuldbeweis“ erbracht wurde oder nicht, womit Gerichte täglich Überlebende von Belästigung und Missbrauch systematisch diskreditieren, sondern unser Bekenntnis zum Schutze von Einzelpersonen und der Organisation vor ebensolchem Verhalten“.

In diesem Fall wurde die Aussage der Überlebenden faktisch ignoriert und die beschuldigte Person als Mitglied weitergeführt. Dies ist nicht nur inakzeptabel, sondern steht auch in direktem Widerspruch zu einem sozialistisch-feministischen Zugang, dem sich alle Sektionen der ISA bereits verpflichtet haben.   

Die Verantwortlichen der betroffenen Sektion versäumten es auch, die internationalen Strukturen rechtzeitig zu informieren, sodass ein umfassenderer Einblick und die Unterstützung von Mitgliedern, die mehr Abstand zu beschuldigten Personen haben, nicht möglich war. Als die Entscheidung zu diesem Fall in der Sektion weiter verbreitet wurde und der Prozess schließlich von internationalen Strukturen überprüft wurde, wurden entscheidende Informationen zurückgehalten, die erst nach mühsamen Kämpfen beschafft werden konnten.

Dies und das Fehlen einer rechtzeitigen Kommunikation mit der internationalen Organisation über diesen Fall haben den Prozess der Aufdeckung und Aufarbeitung des Versagens und der Verwerfung der ursprünglichen Schlussfolgerungen unnötig verlängert und erschwert.

Die beschuldigte Person trat schließlich drei Monate, nachdem die ersten spärlichen Informationen an die “Internationale Exekutive” (IE, Teil der alltäglichen Führung der ISA) weitergegeben wurden, aus der Organisation aus. Eine Entscheidung, die besagt, dass die Mitgliedschaft nach Abschluss der ursprünglichen Untersuchung hätte entzogen werden sollen, wurde vom “Internationalen Komitee” der ISA (IC, dem höchsten Führungsgremium der ISA zwischen den Weltkongressen) mehr als 18 Monate, nachdem die Anschuldigungen die Organisation zum ersten Mal erreicht hatten, und mehr als zehn Monate, nachdem der Fall den internationalen Strukturen mitgeteilt worden war, formell getroffen. 

Diese weitere und nicht hinnehmbare Verzögerung war darauf zurückzuführen, dass die Leitung der betroffenen Sektion und ein Teil der internationalen Führung die ursprüngliche Entscheidung beharrlich verteidigten, obwohl die Mehrheit der IE-Mitglieder, die nicht an dem ursprünglichen Fehlverhalten beteiligt waren, dagegen war. Diese Opposition konnte jedoch keine formale Mehrheit bilden, da die führenden Mitglieder, die direkt in die ursprüngliche Entscheidung der Sektion involviert waren, sich weigerten, relevanten Abstimmungen über die Behandlung des Fallen wegen Befangenheit fernzubleiben.

Es ist klar, dass die oben beschriebene Reihe von untragbaren Entscheidungen völlig vermeidbar war und dass sie Frauen und Überlebenden in und rund um die Organisation und vermutlich auch der beschwerdeführenden Person Schaden zugefügt haben. Dieses Fehlverhalten und die Weigerung, darüber Rechenschaft abzulegen, hat zu einer massiven Spaltung in der ISA-Führung geführt. 

Es erfordert enormen Mut, wenn Menschen über ihre Missbrauchserfahrungen sprechen, und es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass ihre Stimmen nicht nur gehört, sondern auch beachtet werden. Ein Hauptmotivationsfaktor für Überlebende, die mutig über ihr Trauma sprechen, ist es, andere Personen vor ähnlichem Schaden zu bewahren. Es ist eine brutale Pflichtverletzung für jede linke Bewegung und Organisation, dies nicht zu verstehen. Jeder schwerwiegende Missstand im Safeguarding, insbesondere wenn er nicht behoben wird, kann ein Umfeld schaffen, das es Opfern und Betroffenen erschwert, sich zu melden und es Einzelpersonen erschweren, sich sicher zu fühlen. Dies stellt auch ein ernsthaftes Hindernis für den Aufbau einer Organisation dar, die den Anspruch erhebt, wirklich divers und einladend für alle Teile der Arbeiter*innenklasse zu sein. 

Seit wir das gravierende Versagen aufgedeckt haben, haben wir diese Angelegenheit sehr ernst genommen, denn wie ein altes Motto der Arbeiter*innenbewegung sagt: “Ein Angriff auf Eine*n - ist ein Angriff auf uns Alle.” Unsere Entschlossenheit, mit allen, die unter Unterdrückung und Ausbeutung leiden, Schulter an Schulter zu stehen, wird ausgehöhlt, wenn diese Solidarität nicht diejenigen einschließt, die von „einem von uns“ geschädigt wurden. In unserem Leitfaden heißt es: „Der Aufbau einer revolutionären Partei für einen sozialistischen Wandel und die breitere Arbeiter*innenbewegung nehmen Schaden, wenn die von der Klassengesellschaft geschaffenen Spaltungen und Vorurteile innerhalb unserer eigenen Organisation ihren Ausdruck finden.“ 

Kampf um Rechenschaftspflicht 

Wir kämpfen für ein gründliches und kollektives Verständnis dessen, was zu diesem ungeheuerlichen Versagen bei der Aufrechterhaltung und Umsetzung unserer Safeguarding Maßnahmen und Methoden geführt hat. Dies ist entscheidend, um voranzukommen. Zu diesem Zweck ist eine echte, vollständig informierte Diskussion erforderlich, an der alle ISA-Mitglieder beteiligt sind, die umfassende Lehren ziehen und Maßnahmen entwickeln müssen, um die Rechenschaftspflicht auf nationaler und internationaler Ebene sicherzustellen. Der Kampf um eine solche grundlegende Revision muss auch solide Maßnahmen zur Stärkung unserer Safeguarding-Methoden, zur Verbesserung der politischen Ausbildung und Unterstützung unserer Safeguarding-Teams und zur Förderung neuer, umfassender Diskussionen über Fragen von Missbrauch und geschlechtsspezifischer Gewalt auf allen Ebenen der Organisation umfassen. Aufgrund der bisherigen Vorgehensweise der Mehrheit der ISA-Führung ist es leider alles andere als sicher, dass ein solcher fundierter und demokratischer Prozess stattfinden wird. 

Entscheidend ist, dass diejenigen, die für diese schwerwiegende Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht sowohl gegenüber unseren Mitgliedern als auch gegenüber der Gesellschaft insgesamt verantwortlich sind, für ihr Fehlverhalten und ihre falschen Entscheidungen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Die Verschleierung des Fehlverhaltens vor der internationalen Führung und in weiterer Folge der Mitglieder, die fortgesetzte Verharmlosung des Schadens, der den Opfern und allen Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt innerhalb und außerhalb unserer Organisation zugefügt wurde, und die Weigerung, zuzugeben, dass dieses Fehlverhalten seine Wurzeln im Fehlen eines konsequenten sozialistischen Feminismus hat, haben uns gezwungen, diese Fraktion zu gründen. Wir lehnen nicht nur den Kurs der Mehrheit in der Führung ab, sondern sind auch zu dem Schluss gekommen, dass wir uns organisieren müssen, um sie durch diese Fraktion entschieden herauszufordern; wir ermutigen nachdrücklich andere ISA-Mitglieder, die das Vorgehen der Mehrheit ablehnen, sich uns in diesem Vorhaben anzuschließen. 

Wir wollen sicherstellen, dass die richtigen politischen Schlussfolgerungen gezogen werden. Dazu gehört, die Mitglieder der ISA, von denen viele bisher nichts von dem Fehlverhalten wussten, über die Situation zu informieren - natürlich unter gewissenhafter Wahrung der notwendigen Vertraulichkeit. Dazu gehört auch eine gründliche Reflexion über unsere eigenen Schwächen und Fehler der Vergangenheit, um daraus Lehren zu ziehen. Und es schließt die unabdingbare Notwendigkeit ein, all jene aus der Führung zu entfernen, die direkt für das Fehlverhalten und die Vertuschung verantwortlich sind. Wenn die ISA aus diesem Prozess, ohne ein tiefes Verständnis für geschlechtsspezifische Gewalt, ohne gestärkte Maßnahmen zum Schutz vor Übergriffen und Missbrauch und ohne eine starke Ausrichtung auf sozialistischen Feminismus entwickelt zu haben, hervorgehen, wird sie einen grundlegenden politischen Test nicht bestanden haben.

Wir entschuldigen uns erneut bei allen, die von dem Fehlverhalten in diesem Missbrauchsfall betroffen sind, zutiefst. Wir danken der betroffenen Person, dass sie sich gemeldet hat, und erkennen den Schmerz und das Leid an, das sie zweifellos erlitten hat. Wir sind uns darüber im Klaren, dass Worte allein den entstandenen Schaden nicht ungeschehen machen können, aber wir sind fest entschlossen, konkrete Schritte zu unternehmen, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern, und dafür zu kämpfen, dass die interne Kultur unserer internationalen Organisation voll und ganz mit unseren starken sozialistisch-feministischen Grundsätzen übereinstimmt. 

Unserer Ansicht nach ist es für linke, sozialistische und revolutionäre Kräfte unmöglich, ohne eine organische Verbindung zu den wichtigsten Elementen der heutigen Arbeiter*innenbewegung zu wachsen - den Arbeiter*innen und Jugendliche, die im Kampf stehen, wobei Frauen und queere Menschen so oft eine führende Rolle spielen. Es war unser aktives Engagement in der globalen feministischen Bewegung und in den Bewegungen der Unterdrückten und ihr Einfluss auf uns, der uns dazu veranlasste, unsere marxistische Analyse und unser Programm zu erweitern, um die besonderen Impulse der Kämpfe und Forderungen nach Befreiung von Unterdrückung voll und ganz in unsere allgemeine revolutionäre Politik und unser Programm zu integrieren. Wir können und werden keinen Zugang akzeptieren, der den sozialistischen Feminismus und Safeguarding in irgendeiner Weise schmälert oder die Bedeutung des Kampfes gegen Unterdrückung untergräbt. Jede Organisation, die den Anspruch erhebt, einen genuinen Marxismus zu vertreten und für eine sozialistische Welt zu kämpfen, muss in ihrem Kern einen durch und durch sozialistisch-feministischen Zugang haben. 

Mehrere linke, sozialistische und revolutionäre Organisationen haben es versäumt, auf einer korrekten sozialistisch-feministischen Grundlage und im Einklang mit einem guten Safeguarding-Zugang zu handeln, wenn sie mit Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt durch eines ihrer Mitglieder konfrontiert wurden. Oft geschah dies, wenn die vermeintliche Notwendigkeit, männliche Führungspersönlichkeiten zu halten, einem prinzipiellen Safeguarding-Zugang vorgezogen wurde. Das ist für uns inakzeptabel. Denn vorrangig muss sein, eine diverse Organisation und Führung aufzubauen, die verwurzelt in den am meisten unterdrückten Schichten der Arbeiter*innenklasse ist. Der Kampf gegen Unterdrückung in all ihren Formen ist nicht zweitrangig, sondern vollständig mit dem Kampf gegen Klassenunterdrückung und Ausbeutung und für sozialistische Veränderungen verwoben. 

Mit der Gründung der ISA hatten wir wichtige Schritte unternommen, um mit den blinden Flecken in unserer Vergangenheit abzurechnen, diese Internationale auf einer gesunden marxistischen Grundlage neu aufzubauen, unser Verständnis und Engagement bei Kämpfen gegen Unterdrückung weiter zu stärken und ein starkes Gegengewicht gegen den Aufstieg der extremen Rechten zu sein. Ein Teil unserer Führung ist zu dieser Vergangenheit zurückgekehrt oder hat sie vielleicht nie verlassen, obwohl wir dachten, dass sie von allen hinter uns gelassen worden wäre. Wir werden den Kampf fortsetzen, um nicht nur Rückschritte zu verhindern, sondern auf der Grundlage eines soliden revolutionären sozialistischen Feminismus voranzukommen. Dies erfordert eine entscheidende Kurskorrektur gegenüber dem Zugang der Teile der ISA-Führung, die diese Fehlentwicklung zugelassen haben. Wir werden uns mit nicht weniger zufriedengeben, denn die Notwendigkeit, dies zu korrigieren, ist eine Grundsatzfrage für eine revolutionäre Internationale. Ohne sie gibt es keine Aussicht auf den Aufbau einer wirklich revolutionären sozialistischen Internationale, die sich dem Kampf gegen jede Form der Unterdrückung verschreibt.

Wenn die Kultur des Missbrauchs und der geschlechtsspezifischen Gewalt von denjenigen fortgeführt wird, die links und radikal sind und sich gegen Unterdrückung aussprechen, richtet sie noch größeren Schaden an. Während wir aus diesem schockierenden Debakel schmerzhafte Lehren ziehen, dürfen wir die direkt geschädigten Personen aber nicht aus den Augen verlieren. Wir fordern alle auf, Informationen zu diesem Fall nicht öffentlich weiterzugeben und keine Spekulationen über bestimmte Details anzustellen, die die Identität der von diesem Fehlverhalten betroffenen Personen preisgeben könnten.

 

- herausgegeben am 18. April 2024 von: Fraktion zum Schutz vor Sexismus und anderer Diskriminierung innerhalb der Organisation, sozialistischem Feminismus und interner Demokratie (SSFID), der bisher die Führungen der ISA-Sektionen in Irland, Belgien, Österreich sowie Gruppen und Einzelpersonen unter den ISA-Mitgliedern in Brasilien, Südafrika, England/Wales/Schottland, Indien, Mexiko, den USA, Elfenbeinküste, Polen, Russland, Kolumbien, den Niederlanden, Schweden, Spanischer Staat, der Tschechischen Republik und Tunesien angehören.

 

 

Erklärung der ISA Österreich

Die Gremien der österreichischen Sektion haben von Anfang an den Kampf innerhalb der Organisation, Rechenschaft von den verantwortlichen Personen einzufordern und den Kurs der Mehrheit in der Führung tief und entschieden politisch zu korrigieren. Für uns ist eine internationale sozialistische Organisation, die keinen entschiedenen Umgang mit sexualisierter und geschlechterspezifischer Gewalt, verschiedenen Ausdrucksformen von Sexismus und Diskriminierung innerhalb der Organisation hat, nicht akzeptabel. Leider war dieser Versuch, Rechenschaft und eine Korrektur einzufordern, nicht erfolgreich. Der Mehrheitsblock in den internationalen Strukturen hat seinen katastrophalen Umgang weiter zugespitzt, deshalb verlassen wir gemeinsam mit anderen Organisationen die ISA und organisieren uns rund um das Projekt für eine revolutionäre marxistische Internationale. 

Umbrüche und Reflexion in der österreichischen Organisation 

Diese Krise der Internationale steht in einem Wechselverhältnis zu Reflexion, Umbrüchen und Veränderungen in der Reflexion über die Rolle unserer eigenen Organisation, die sich in den vergangenen 4 Jahren entwickelt hat. Wir sind uns dabei bewusst, dass wir uns an vielen Stellen zu langsam entwickelt haben und erst im Laufe der Entwicklung, das Ausmaß der jahrelangen Fehlentwicklung unserer Organisation voll verstanden haben. Diesen Entwicklungsprozess verdanken wir vor allem auch neueren Mitgliedern, die den Prozess zentral angetrieben haben. 

Dieser Veränderungsprozess betrifft vor allem auch unseren Umgang mit spezifischer Unterdrückung (Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit). In unserer sozialistisch-feministischen Arbeit insgesamt, aber vor allem in Fragen zum Umgang mit Sexismus und Diskriminierung innerhalb der Organisation. Das betrifft auch eine Aufarbeitung eigener Fehler in der Vergangenheit, denen wir uns aktuell widmen. Wir sind uns bewusst, dass vergangene Fehler auf einer politischen Schwäche im Verständnis von geschlechtsspezifischer Gewalt basieren und sind dazu entschlossen, uns bei diesen Fragen weiterzuentwickeln. Genauso wie unser Prozedere im Umgang mit Sexismus und Diskriminierung innerhalb der Organisation und der Bewegung. Wir haben hier Vieles aufzuarbeiten und werden uns, wo möglich, auch mit Betroffenen in Verbindung setzen. Wir haben durch diese Fehler und unsere politischen Schwächen dabei Betroffenen Schaden zugefügt - dafür möchten wir uns zutiefst entschuldigen. Dabei sind wir uns natürlich bewusst, dass so eine Entschuldigung wenig wert ist, ohne das Versprechen einer vollständigen politischen Aufarbeitung und einer tiefgehenden Bilanz, vergangene Fälle und Fehler und sie kritisch zu reflektieren und entsprechend Lehren zu ziehen.

Die ISA in Österreich hat in den letzten Jahren einen starken Fokus auf sozialistisch-feministische Arbeit gelegt. In diesem Prozess haben wir selbst enorm viel gelernt und lernen noch immer. Sozialistische und marxistische Kräfte hatten und haben leider oft ein sehr problematisches Verhältnis zum Kampf gegen geschlechtsspezifische Unterdrückung. Dazu gehört oft ein fehlender entschlossener Kampf gegen Übegriffe und Diskriminierung in den eigenen Reihen.

Auch in der österreichischen Sektion der ISA finden seit einigen Jahren fortlaufende Prozesse zur Korrektur von Schwächen und Fehlern vor allem, aber auch nicht nur im Zusammenhang mit sozialistischem Feminismus statt. Das beinhaltete z.B. die Erstellung eines Leitfadens im Jahr 2020 sowie den Aufbau von einem Komitee zum Umgang mit Sexismus und Diskriminierung innerhalb der Organisation, die Erarbeitung eines sozialistisch-feministischen Programms, intensive Debatten zu diesen Fragen in den letzten zwei Jahren und eine Verbesserung/Überarbeitung des Leitfadens, die gerade in Arbeit ist, sowie eine geplante Stärkung der Kompetenzen des Komitees, aber auch eine kritische Bilanz von vorangegangenen Fällen. 

Diese Veränderungen und Umbrüche sind absolute Notwendigkeiten für Sozialist*innen. Auch angesichts der weltweiten Revolte gegen alle Formen von Sexismus, Queerfeindlichkeit und Rassismus, die in den letzten Jahren international stattgefunden haben: von den “Ni una menos”-Protesten gegen geschlechterspezifische Gewalt, über #metoo, die “Frau, Leben, Freiheit”-Bewegung im Iran und #BlackLivesMatter bis hin zu den feministischen Streiks in Spanien, dem Baskenland, der Schweiz und Island. Dieser Veränderungsprozess in der Ausrichtung und Orientierung der Organisation hat unter anderem auch zu Austritt zentraler Genoss*innen (z.B. der ehemaligen Bundessprecherin Sonja Grusch) geführt, die, die Weiterentwicklung unseres sozialistischen Feminismus als Gefahr für die Organisationund Abwendung vom Marxismus und der Arbeiter*innenklasse gesehen haben und die Bedeutung von Kämpfen gegen spezifische Unterdrückung in der Entwicklung von Klassenkämpfen und -bewusstsein unterschätzt haben. 

Zu den allgemeineren politischen Perspektiven in diesem Umbruchsprozess, haben wir bereits einen Schwerpunkt in unserer Zeitung veröffentlicht und werden noch weitere Statements über diesen Prozess veröffentlichen. 

Wenn Menschen Fragen habn oder sich mit Erfahrungen mit Bezug zur ISA wenden wollen, können sie sich jederzeit bei uns oder dem Komitee für Sexismus und Diskrimminierung (KUSD) (unter kusd.oesterreich@gmail.com) melden.

 

- der Bundesvorstand der ISA Ö, unterstützt von der ISA-Ö-Bundeskonferenz vom Mai 2024

 

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